was-macht-eigentlich Horst Ehmke

Von 1969 bis 1974 war er Bundesminister verschiedener Ressorts. Nach dem Rücktritt von Bundeskanzler Willy Brandt legte auch er sein Amt nieder. Jetzt schreibt der Pensionär Krimis aus dem Polit-Milieu

Von 1969 bis 1974 war er Bundesminister verschiedener Ressorts. Nach dem Rücktritt von Bundeskanzler Willy Brandt legte auch er sein Amt nieder. Jetzt schreibt der Pensionär Krimis aus dem Polit-Milieu STERN: Springen Sie morgens noch immer zu Ihrem Fahrer ins Auto und antworten auf die Frage 'Wohin?' wie früher: Egal, ich werde überall gebraucht?

EHMKE: Nein. Ich werde zwar noch immer überall gebraucht, aber das wissen nicht mehr alle.

FRAU EHMKE: Außerdem wird er von mir gefahren.

EHMKE: Gibst du das Interview oder ich?

STERN: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich ein Zubrot als Krimiautor zu verdienen?

EHMKE: Ich wollte nie wieder in Sitzungen hocken. Nach 52 Jahren SPD ist mein Bedarf daran für 150 Jahre gedeckt. Und geschrieben habe ich immer gern.

STERN: Hohen Stellenwert hat das Genre Krimi nicht.

EHMKE: Manche rümpfen die Nase über mich. Weil Unterhaltungsliteratur - vor allem Krimis, zumal mit politischem Hintergrund - hierzulande ja fast den Rang von Pornographie hat. Ich halte das für einen Mangel an Kultur.

STERN: Sie bieten in Ihrem neuen Buch 'Der Euro-Coup' saftigen Sex. Sogar einen überaus flotten Dreier im Detail. Starker Tobak für einen Professor der Jurisprudenz und Ex-Kanzleramtsminister.

EHMKE: Die Szene spielt in der Halbwelt, da hat man es nicht so sehr mit der kultivierten Erotik. Ich hoffe allerdings, die Leser erinnern sich später nicht nur an diese Stellen.

STERN: Oskar Lafontaine hat Ihr Buch vorgestellt und gesagt, das Auge des Autors beobachte heute noch hübsche Frauen aufmerksam. Zutreffend?

EHMKE: Ja, natürlich. Gukken wird man doch noch dürfen.

STERN: Ihr Roman befaßt sich mit Währungsspekulation im großen Stil. Sind da auch eigene Erfahrungen einge-flossen?

EHMKE: Zum Spekulanten reicht es bei mir nicht. Aber ich habe gründlich recherchiert. Im Bankgeschäft sind nicht nur Ehrenmänner aktiv. Da betreibt der Vorstand einer deutschen Großbank schon mal fast geschlossen Steuerhinterziehung.

STERN: Ihre Geschichte spielt im Jahr 2004. Eine Frau amtiert als Bundespräsidentin. Ein Wunschtraum?

EHMKE: Irgendwann muß das ja mal passieren!

STERN: Hat Ihre Frau Sie bei dieser Passage beraten?

EHMKE: Vor allem bei den erotischen. Darum sind sie so scharf ausgefallen.

STERN: In Ihrem Roman kommt der Bundesfinanzminister als absoluter Unsympathisant daher. Eine gewollte Ähnlichkeit mit Personen aus der jüngsten deutschen Politikvergangen-heit?

EHMKE: Nein, nein. Keine Ähnlichkeit. Mein Finanzminister ist dick und kahlköpfig...

STERN: ...wie Lafontaine.

EHMKE: Ich befleißigte mich einer gewollten Unähnlichkeit.

STERN: Wie hoch war die Auflage des ersten Krimis 'Global Players'?

EHMKE: 20 000.

STERN: Und wie hoch war das Honorar?

EHMKE: Hören Sie mal! Das verrate ich nicht mal dem Finanzamt.

STERN: Könnte man nicht mal das Programm der SPD als Krimi verarbeiten? Dann würde es endlich gelesen.

EHMKE: Da müßte man erst mal wissen, was denn im Moment das SPD-Programm ist.

STERN: Sind Sie zufrieden mit der Bundesregierung?

EHMKE: In der Kosovo-Krise hat sie gut gearbeitet. Jetzt muß sie allerdings endlich die innenpolitischen Hausaufgaben hinkriegen.

Mit Horst Ehmke sprach STERNRedakteur Hans Peter Schütz.

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