Sarah Brady war von 2021 bis 2022 mit dem Schauspieler Jonah Hill liiert. Mitte Juli veröffentlichte seine Ex-Freundin nicht verifizierte Screenshots von Nachrichten Jonah Hills an sie, die im Netz als "toxisch und manipulativ" bezeichnet wurden. Sie selbst warf ihm öffentlich emotionalen Missbrauch vor.
Seine schriftlichen Forderungen? Sie solle aufhören, mit Männern zu surfen, Fotos in Badekleidung zu posten und ihre Freundschaften zu "instabilen Frauen" eingrenzen. Er nennt das seine "persönlichen Grenzen". Sarah wird nun vorgeworfen, sie würde seine "Grenzen" als emotionalen Missbrauch framen. Doch sind seine Anforderungen wirklich persönliche Grenzen oder handelt es sich um Kontrollzwang und Manipulation, verpackt in progressive Therapie-Sprache?
Warum dieses Verhalten gefährlich sein kann und weshalb echte, persönliche Grenzen sowie gemeinsam definierte Regeln in Beziehungen wichtig sind, erklärt Jaane Henning, Psychologin und Paartherapeutin sowie Co-Gründerin der Beziehungs-App recoupling, die Paaren mit Beziehungsproblemen hilft.

Eine App, um Beziehungsprobleme zu lösen? Gibt es, sie nennt sich recoupling und erreicht Paare sogar noch kurz vor einer Trennung. Das Hauptziel ist, Beziehungsarbeit so angenehm und zugänglich wie möglich zu gestalten, damit sie sich nicht wie "Arbeit" anfühlt, sondern als unkomplizierter, verbindender und stärkender Prozess erlebt wird. Jaane und ihr Team helfen Paaren dabei.
Jonah Hill hat im vergangenen Jahr die Dokumentation "Stutz" über seine eigene Psychotherapie veröffentlicht. Seine Therapieerfahrung ist also nicht von der Hand zu weisen. Aber was passiert, wenn das Gelernte zu einem Mittel der emotionalen Manipulation wird? In den Screenshots von Jonah Hills mutmaßlichen Texten listet er Verhaltensweisen auf, die seine "Grenzen für eine romantische Partnerschaft" darstellen, und wenn sie diese Dinge tun würde, wäre er nicht der richtige Partner für sie.
Jonah Hill nutzt Manipulation in der Beziehung
Der Schauspieler nutzt Ausdrücke aus seiner eigenen Therapie, um Brady offenbar dazu zu bringen, sich so zu verhalten, wie er das möchte. "Es kann passieren, dass Menschen Therapie-Sprache missbrauchen, um ihre eigenen manipulativen Ziele zu erreichen. Manipulation in Beziehungen ist ein komplexes Thema und kann verschiedene Formen annehmen", so Henning.
Manipulative Menschen können Therapie-Jargon gezielt nutzen, um ihre Partner zu kontrollieren, ihre eigenen Wünsche durchzusetzen oder Verantwortung für ihr eigenes Verhalten zu umgehen. Die Paartherapeutin erklärt den Nutzen dahinter genauer: "Sie könnten beispielsweise versuchen, ihre Partner dazu zu bringen, sich schuldig zu fühlen oder Verantwortung für Probleme in der Beziehung zu übernehmen, indem sie bestimmte Begriffe oder Konzepte manipulativ verwenden. So entsteht eine verschobene Machtdynamik, in der ein Partner versucht, seine Überlegenheit zu zeigen, indem er sich als Experte darstellt. Die Verwendung von 'Therapie-Jargon' kann einer Beziehungsdynamik erheblich schaden, da solche Begriffe 'missverstanden' werden können und somit oftmals falsch verwendet werden."
Einige Gründe, warum die vermeintlichen Grenzen von Jonah Hill, laut der Expertin, problematisch sind:
- Fehlender Respekt für die Autonomie der Partnerin: Jeder Mensch sollte das Recht haben, seine eigenen Entscheidungen zu treffen und Kontakte zu pflegen, solange diese Entscheidungen nicht die Sicherheit oder das Wohl anderer gefährden.
- Kontrollverhalten: Kontrollverhalten kann zu einer ungesunden Dynamik in der Beziehung führen und das Vertrauen und die Freiheit der Partnerin beeinträchtigen.
- Einschränkung der individuellen Entwicklung: Jeder Mensch sollte die Möglichkeit haben, seine eigenen Interessen zu verfolgen und sich persönlich weiterzuentwickeln, solange dies nicht die Beziehung oder die Rechte anderer verletzt.
- Ungleichheit und Doppelmoral: Eine gesunde Beziehung sollte auf gegenseitigem Respekt, Gleichheit und Fairness beruhen.
Grenzen und Regeln sind in einer Beziehung wichtig, da sie das Fundament für eine gesunde und respektvolle Partnerschaft schaffen. Henning erklärt die Hintergründe, warum sie eine bedeutende Rolle spielen:
- Selbstbestimmung und individuelle Bedürfnisse: Jeder Mensch hat eigene Bedürfnisse, Werte und Grenzen. Durch das Festlegen und Kommunizieren persönlicher Grenzen und Regeln können wir unsere individuellen Bedürfnisse respektieren und uns selbst treu bleiben. Dies ermöglicht es beiden Partnern, ihre Autonomie zu bewahren und ihre eigenen Ziele zu verfolgen.
- Klare Kommunikation: Grenzen und Regeln schaffen eine klare Kommunikationsbasis in der Beziehung. Indem wir unsere Grenzen offen und ehrlich mitteilen, können wir unseren Partner besser verstehen lassen, was uns wichtig ist und was wir in einer Beziehung akzeptieren können oder nicht. Eine klare Kommunikation hilft dabei, Missverständnisse zu vermeiden und Konflikte zu lösen.
- Respekt und Sicherheit: Durch das Setzen von Grenzen und Regeln zeigen wir unseren Partnern, was für uns akzeptabel ist und was nicht. Es schafft ein Umfeld des Respekts, in dem sich beide Partner sicher und geschützt fühlen können. Grenzen dienen als Schutzmechanismus, der sicherstellt, dass die persönlichen Grenzen und emotionalen Bedürfnisse jedes Einzelnen respektiert werden.
- Balance und Kompromiss: Grenzen und Regeln helfen dabei, eine gesunde Balance zwischen den individuellen Bedürfnissen beider Partner zu finden. Sie ermöglichen es, Kompromisse einzugehen und gemeinsame Vereinbarungen zu treffen, die für beide Seiten akzeptabel sind. Durch den Respekt und die Anerkennung individueller Grenzen können Partnerschaften harmonischer und ausgewogener gestaltet werden.
- Schutz vor Missbrauch und Ausbeutung: Grenzen dienen auch als Schutzmechanismus vor missbräuchlichem Verhalten oder Ausbeutung in einer Beziehung. Sie ermöglichen es, ungesunde Dynamiken zu erkennen und zu vermeiden, und schaffen eine Grundlage für das Setzen von persönlichen Grenzen, um die eigene Sicherheit zu gewährleisten.
Es geht also nicht darum, dass ein Partner die Regeln und Grenzen vorgibt und der andere springt, wie im Fall von Jonah Hill und Sarah Brady, im Gegenteil. "Grenzen und Regeln können in einer Beziehung dazu beitragen, Respekt, Sicherheit, Kommunikation und individuelle Entfaltung zu fördern. Wichtig ist jedoch, dass Beziehungsregeln immer gemeinsam definiert werden und dann auch für beide gleichermaßen gelten. Alles gilt halt nur, wenn sie von beiden aufgesetzt und akzeptiert werden und sich beide dran halten", so Jaane Henning.
+++ Lesen Sie auch +++
Quelle: recoupling