Zum Thema nachhaltige Mode steht Marie Nasemann dem stern Rede und Antwort. Sie ist Schauspielerin, Model und Bloggerin. Auf ihrem Blog Fairknallt beschäftigt Marie sich mit fairer Mode.
Frau Nasemann, günstig und fair: Geht das und wenn ja: Wie geht das?
Das geht auf jeden Fall und ist ganz wichtig, damit nachhaltige Mode nicht in einer elitären Nische bleibt, sondern im Mainstream ankommt. Mein erster Tipp: Finde deinen eigenen Stil. Denn wer weiß, was er oder sie gern trägt, vermeidet schon einmal Fehlkäufe. Das spart Geld und Ressourcen. Der zweite Tipp: Fang mit Basics an. Gerade hier gibt es eine breite und günstige Auswahl an tollen Hoodies, Shirts, Jeans, etc., die den Preis wert, fair und ökologisch produziert sind. Und wer einmal das gute Gefühl hat, zu wissen, dass man faire Sachen trägt, macht bestimmt weiter. Der dritte Tipp: ausgefallene oder teurere Pieces kann man super günstig in Second Hand Shops, auf Flohmärkten und ganz umsonst bei einer Kleidertauschparty mit Freundinnen finden. Man muss nur Lust haben, etwas zu stöbern.
Gibt es Labels oder Zertifizierungen, die Sie empfehlen?
Mittlerweile kenne ich durch die Arbeit am Blog natürlich ganz viele tolle Labels, die ich empfehlen kann. Im günstigeren Preissegment finde ich Armedangels und Jan’n’June toll, wenn es Richtung roten Teppich geht mag ich Julia Leifert und die Kleider des amerikanischen Labels The Reformation. Wer Lust auf mehr hat, kann auf meinem Blog eine Liste mit allen Brands sehen, die ich auf dem Blog trage. Was Zertifizierungen angeht, gibt es eine große Anzahl von besseren und schlechteren, keine davon ist alleine perfekt. Das liegt daran, dass die Lieferkette von Mode sehr komplex ist und sich viele verschiedene Fragen aus Nachhaltigkeitssicht stellen.
Die am weitesten verbreitete und aus ökologischer Perspektive beste Zertifizierung ist der GOTS Standard. Wer mehr den Fokus auf faire Produktion legt, dem kann ich das Fairtradesiegel, sowie die Fairwear Foundation empfehlen. Super ist es natürlich, wenn ein Produkt GOTS und Fairtrade zertifiziert wurde, da so die ganze Lieferkette nachhaltig und fair ist. Demnächst wird es mit dem "Grünen Knopf" ein Zertifikat vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung geben. Leider kenne ich hier noch nicht die genauen Inhalte, sodass es spannend bleibt, ob sich hiermit ein neues, starkes Siegel etabliert. Grundsätzlich kann man auf https://www.siegelklarheit.de einen Eindruck davon bekommen, wie sinnvoll und gut einzelne Zertifikate sind.
Was ist Ihre Empfehlung für einen fairen Umgang mit Mode, wenn man gerne shoppt und darauf eigentlich nicht verzichten möchte?
Denen würde ich empfehlen auszuprobieren, Kleidung zu leihen. Es gibt mittlerweile mehrere Startups, die online oder auch in Läden monatlich im Abonnement Kleider verleihen, die man nach einem Monat zurückschickt und wieder etwas Neues bekommt. So bleibt Kleidung im Kreislauf und man kann öfter etwas Neues tragen. Dabei kann man entweder selber aussuchen oder man lässt sich eine Auswahl kuratieren. Wer dennoch aufs Shopping nicht verzichten will, dem empfehle ich Second Hand Shops und Flohmärkte, um Kleidung ein zweites Leben zu geben.
Was denken Sie über "faire" Mode bei großen Ketten wie Zara, H&M, Mango, C&A und Co.?
Diese Unternehmen müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie die Erfinder von "Fast Fashion" und den damit verbundenen Problemen aus umwelt- und sozialer Sicht sind. Entsprechend ist es toll, dass das Thema nachhaltige Mode durch die Medien, den Druck der Öffentlichkeit und viele tolle kleine Labels, die es besser machen, so wichtig geworden ist, dass kein Unternehmen in der Branche mehr am Thema vorbei kommt. Und es gibt große Unternehmen wie Tchibo oder C&A, die sich stark engagieren und wichtig für den Wandel der Branche sind.
Leider sind aber nicht alle Unternehmen gleich stark engagiert oder schnell genug dabei, die Lieferketten fairer zu machen. Gleichzeitig ist aber auch klar, dass faire Produktion nur ein erster Schritt ist, die Nachhaltigkeitsprobleme zu lösen. Die vielen wechselnden Kollektionen und oft schlechte Qualität von Fast Fashion, die man nur wenige Male tragen kann, müssen ebenso der Vergangenheit angehören, wie schlechte Arbeitsbedingungen.