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Marie Nasemann "Ich hatte immer Schwierigkeiten, ein Vorbild zu finden"

Marie Nasemann war eine der Stimmen, die im Netz mit Nachdruck die Frauenquote forderten. Die Schauspielerin und Influencerin über Chancengleichheit und die Schwierigkeit, in Deutschland Vorbilder zu finden.

Warum finden Sie, dass  Deutschland mehr gesetzliche Quoten braucht?   

Menschen geben eher Menschen einen Job, die ihnen selbst ähnlich sind, im Bezug auf das Geschlecht, das Alter, die Herkunft und die Interessen. Das ist absolut menschlich, führt aber dazu, dass Männer eben immer eher anderen Männern einen Job geben statt einer Frau. Das Argument, Frauen sollten doch durch gute Leistung in Vorstände kommen, ist deshalb hinfällig, weil sie trotz der guten Leistung schlechtere Chancen haben. Wir können jetzt hundert oder zweihundert Jahre warten bis sich das Problem eventuell von alleine löst (was gar nicht sicher ist, denn die letzten Jahre bewegten wir uns eher zurück). Oder man kurbelt diesen Prozess mit einer Quote aktiv an, damit unsere Töchter und Enkelinnen die gleichen Chancen wie unsere Söhne und Enkel haben werden.  

Bitte vervollständigen Sie den Satz: In diesem Moment wusste ich, es geht nicht ohne Quote...

 … als ich hunderte von Nachrichten von meinen Followerinnen bekommen habe, die auf Grund ihres Geschlechtes bei der Jobsuche diskriminiert wurden und im "gebärfähigen Alter" oftmals überhaupt erst gar nicht zu Bewerbungsgesprächen eingeladen wurden. 

Wer hat Sie wie gefördert?   

Ich bin seit elf Jahren selbstständig und fördere mich in erster Linie selbst. Ich denke aber hin und wieder an einen fantastischen Lehrer, der mich zu Schulzeiten sehr gefördert hat und mir die Möglichkeit gab, mich auf der Bühne kreativ auszutoben. Ein anderer Lehrer wiederum legte mir gerne Steine in den Weg und redete mich und meine Leistung klein. Er war ein Grund, weshalb ich nie in einem Angestelltenverhältnis arbeiten wollte. Bloß keine Autoritäten, die mir sagen, was ich zu tun habe.  

Wer war warum Ihr Vorbild?   

Ich hatte immer Schwierigkeiten, ein Vorbild zu finden, vor allem ein weibliches im deutschsprachigen Raum. Hier wird sehr in Schubladen gedacht und es ist nicht gerne gesehen, wenn jemand mehreren Berufungen nachgeht und zum Beispiel schauspielert und auch ein Business hat. Stichwort "Tausendsassa". Viele Jahre dachte ich, ich müsste mich für meine vielen Interessen entschuldigen. Inzwischen weiß ich, dass das eine Qualität ist und ich orientiere mich eher an internationalen Vorbildern. Emma Watson, Gwyneth Paltrow, Jessica Alba. Mein heimliches Vorbild ist Forrest Gump.  

In welcher beruflichen Situation hat Ihnen Ihr Frausein geholfen?   

Als attraktive Frau, die sich gerne mit ihrem Äußeren beschäftigt, wird man oft unterschätzt. In vielen Momenten meiner Karriere konnte ich einen Eindruck hinterlassen, weil man von einem "Model" keine besonders hohen Denkleistungen und erst recht keine kritischen oder politischen Aussagen erwartet.  

Und in welcher hat es Sie behindert?  

Selbstbewusst aufzutreten und mir das zu nehmen, was mir zusteht, musste ich erstmal lernen. Auch kritisch zu sein, zu Dingen "Nein" zu sagen und auch mal auf den Tisch zu hauen, sind Dinge, die ich erst Mitte Zwanzig und durch den Besuch der Schauspielschule gelernt habe. Ich dachte immer, als Frau bin ich eher dafür verantwortlich, die Wogen zu glätten und mich charmant und lächelnd anzupassen.  

Uns interessieren auch Ihre Erfahrungen und Ihre Meinung. Wie sieht es in Ihrem Job aus? Könnten Sie mehr Frauen oder Männer gebrauchen? Schreiben Sie uns unter quotenfrau@stern.de

sst

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