Messe "Colombiamoda" Fleischbeschau in Medellin

Von Tobias Käufer, Medellin
Für drei Tage schlägt in Medellin das Herz der Latin-Fashion. Die Modemesse "Colombiamoda" lockt internationale Designer, Labels und Models nach Kolumbien - und auch jede Menge Voyeure.

Langbeinig, bildhübsch und knapp bekleidet: So schreiten die Models während Kolumbiens internationaler Modemesse "Colombiamoda" über den Laufsteg, wenn es darum geht die neuesten Wäschetrends einer interessierten Öffentlichkeit zu demonstrieren. Die Messe hat internationalen Ruf, gilt in Lateinamerika als eines der wichtigsten Events im Mode-Business.

Die bildhübschen Models locken allerdings auch ungebetene Gäste an. Unzählige männliche Hobbyfotografen recken ihre bisweilen grotesk anmutenden Billigkameras in die Höhe, um einen Schnappschuss von den Schönheiten in den knappen Strings zu ergattern. Hunderte Fotohandys und Einwegkameras suchen die Motive, die ein paar Tage später auf irgendwelchen Internetseiten einschlägige Besucher anlocken sollen. Das stinkt den Models gewaltig, die gute Miene zum bösen Spiel machen müssen.

"Es ist in den letzten Jahren immer schlimmer geworden", sagt die 21 Jahre alte Milena, die ihren vollen Namen nicht nennen will. Sie hat Angst, dass ihre Kritik bei den Managern der Messe nicht gut ankommt. Das volle Auftragsbuch will die Studentin der Rechtswissenschaften nicht gefährden, denn Medellin dabei zu sein, gilt in Kolumbien als Ritterschlag im Modelbusiness. Und als angehende Juristin weiß sie, dass Recht haben und Recht bekommen zwei verschiedene Dinge sind.

Und so laufen sie weiter den Laufsteg entlang, vorbei an den professionellen Agenturfotografen deren Bilder anschließend um die Welt gehen, ehe ein paar Schritte weiter die aufdringlichsten Besucher unter den Zuschauern, die ihre Kamera gerne mal auf die Körperteile halten, die nur noch ein kleines Stückchen Stoff bedeckt. "Entwürdigend" findet dies Milena, "aber wir können daran nichts ändern."

Keine dieser billigen Sexmessen

Dabei ist "Colombiamoda" keineswegs eine dieser billigen Sexmessen, bei denen auch in Deutschland den Hobby-Fotografen ihr Gier nach neuen Bildern befriedigen können. Die Modemesse ist der Treffpunkt für die führenden Manager des lateinamerikanischen Marktes schlechthin: Selbst Staatspräsident Alvaro Uribe diskutierte mit 150 Unternehmern im Plaza Mayor im Herzen der Stadt die Chancen und Risiken des Marktes.

Die Inspiration von "Latin Fashion" wird im internationalen Mode-Business immer wichtiger. Andrea Cartagena Vallejo, Marktetingchefin der Nobelmarke Studio 54, weiß warum: "Colombiamoda ist wie ein großes Schaufenster". Über 4400 registrierte Einkäufer aus dem ganzen Kontinent haben sich in der Hauptstadt des Departaments Antioquia eingefunden. Über 2200 Menschen bevölkern die Stände der 320 Modefirmen. Das kolumbianische Privatfernsehen berichtet live, die Zeitungen bringen große Specials.

Die Models sind Stars und nicht nur Objekte der Begierde

Die Lateinamerikannerinnen sind modeverrückt verschlingen jede noch so nebensächliche Information über die neuesten Trends. Und die, die sich die Mode nicht leisten können, berauschen sich an den schönen Bildern und dem Flair des mitunter glänzend inszenierten Shows. Die Models sind hier auch Stars und nicht nur Objekt der Begierde.

Und die wichtigste Infos der Modetage in Medellin: Die Farbe des Sommers ist Lila, findet jedenfalls das Modelabel Leonisa. Für den knappen Bikini am Strand oder das Dessous für drunter. Aber auch warme Rot- und Blautöne. Ein ganz anderen Weg geht Designerin Carmen Belissa aus. Barranquilla: Sie setzt auf grelles Gelb: "Dies ist die Farbe für die Frauen, die sich wohl in ihrem Körper fühlen."

Die Wichtigkeit der Messe für den lateinamerikanischen Markt hat auch Sportartikelhersteller Nike erkannt und schickte eine sportlich-modische Kollektion ins Rennen, die ganz auf den Geschmack der Südamerikaner abzielt. Viele Farben, ein bisschen Schlabberlook, aber immer noch Nike - so sollen es die Zuschauer zumindest glauben und später auch kaufen.

Ansonsten geht ein Trend zurück zu mehr Stoff. Die Jagd nach dem kleinsten aller Bikinis hat zumindest für einige südamerikanische Modemacher ein Ende, sie setzen wieder vermehrt auch klassische Schnitte, die mehr verdecken als sie zeigen. Vielleicht ist der Retro-Look ja der richtige Weg, den aufdringlichen Fotografen von Medellin die Lust am Schnappschuss zu nehmen.

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