Crime Story Der Killer und sein Jäger

Der eine war Auftragsmörder, der andere Fahnder. Sie waren Todfeinde. Doch eines verbindet sie bis heute: der Mann, um den sich ihr Leben drehte. Eine Geschichte aus Medellín, der Stadt des Pablo Escobar.
Popeye und Calibre
© Federico Rios

Als er seinen ersten Einsatz für „El Patrón“ erledigte, den Chef, wie er den Kokainkönig Pablo Escobar noch heute nennt, als wäre der noch immer sein Vorgesetzter.

Er war damals, Anfang der 80er Jahre, ein junger Kerl, gerade 20, der nicht wusste, was er mit dem Leben so anfangen sollte. Er war kurz in der Marine gewesen und bei der Polizei, er hatte dort Disziplin und Gehorsam gelernt, aber alles andere sagte ihm nicht zu. Er fand Arbeit als Fahrer und Bodyguard für eine Geliebte Escobars, doch als diese in die USA ging, stand er wieder ohne Job da.

Jhon Jairo Velásquez Vásquez, genannt Popeye
© Federico Rios

Jhon Jairo Velásquez Vásquez, Jahrgang 1962, Spitzname Popeye, 257 Morde, vor allem an Polizisten. Gestorben am 6.2.2020 an Magenkrebs.

Escobar gab ihm daraufhin einige Gelegenheitsjobs, die er gewissenhaft erledigte, Drogenlieferungen, Schmiere stehen und schon bald den ersten brisanten Auftrag, eine ultimative Loyalitätsprobe – die Erschießung eines Mannes, der einst die Mutter eines Freundes getötet hatte.

Popeye, der schon in der Kindheit die großen Gangster bewundert hatte, führte den Mordauftrag ohne Zögern aus. „Es war leichter, als ich dachte: zwei gezielte Kopfschüsse – und dann nicht mehr drüber nachdenken“, erinnert er sich. Als er das Honorar in den Händen hielt, 2000 Dollar, das Jahresgehalt seiner Eltern, war ihm klar, dass seine Pläne für ein geregeltes Leben nun endgültig vorbei waren.

Erschienen in stern Crime 25/2019