Mode-Protest Boom beim Edel-Pelz

Allen Protesten und der Wirtschaftskrise zum Trotz, bejubeln Pelz-Boutiquen den neuen »Mut« zum Statussymbol. Die Zielgruppe ist jung und von Beruf häufig Erbe.

Am Pelzmantel scheiden sich die Geister. Zahlreiche Prominente protestieren gegen das Tragen von Pelzen. Manche aus Überzeugung, andere wegen des öffentlichen Drucks. So verzichtete Hollywood-Star Jennifer Lopez auf teure Pelz-Geschenke von ihrem Verlobten Ben Affleck. Zuvor wurde Ben Affleck in einem offenen Brief mit Berichten konfrontiert, denen zufolge er für Lopez einen sündhaft teuren Chinchilla-Pelz gekauft habe. Ein Video, das die Tötung von Pelztieren dokumentierte, war dem Schreiben beigefügt. Die Toten Hosen ließen für die Tierschutzorganisation Peta ganz freiwillig nackt ablichten. »In der heutigen Zeit Pelztiere für Modezwecke zu nutzen, ist moralisch fragwürdig, verantwortungslos und ignorant«, sagte Sänger Campino (40).

Kaum ein anderes Kleidungsstück ist so umstritten, denn hier wird nicht nur über Geschmack gestritten, sondern auch über Moral und Tierschutz. Entsprechend widersprüchlich sieht es in der Saison 2002/2003 an der »Pelzfront« aus. Während Pelz-Boutiquen auf den großstädtischen Nobelmeilen einen neuen Trend und Mut zum Statussymbol bejubeln, verabschieden sich große Warenhausketten ganz aus dem Verkauf von Echt-Pelzen.

Boom für »edle Felle«

»Designer haben wieder Lust gefunden an dem wärmenden und schmückenden Fell. Ein Mantel mit Pelz verkauft sich heute leichter als einer ohne«, berichtet Susanne Kolb vom Deutschen Pelz Institut (DPI) in Frankfurt. Und trotz der schlechten Wirtschaftslage boome der Markt mit edlen Fellen.

»Wir haben 15 000 Boutiquen in Deutschland, die allesamt irgend etwas mit Pelz verkaufen«, sagt die Frankfurter Expertin. Bei den internationalen Modenschauen für die Kollektionen Herbst und Winter 2002/2003 seien kaum Jeans-Jacken, Mäntel, Pullover oder Westen auf den Laufstegen präsentiert worden, bei denen nicht zumindest ein bisschen von dem haarigen Luxus hervorgeblitzt sei.

Immerhin konnte die Pelzbranche im Jahr 2001 laut Statistischem Bundesamt ein Umsatzplus von 4,2 Prozent auf rund 1 Milliarde Euro verzeichnen. Damit arbeiteten sich die 1200 Kürschner in Deutschland - vor 25 Jahren waren es noch 2500 - ein Stück weit aus der Krise.

Einen Trend für Pelz nach Jahren der Verkaufsflaute durch Kampagnen von Pelztiergegnern bestätigen auch die Händler auf der feinen Düsseldorfer Königsallee. »Zur Zeit laufen sehr gut hochwertige Pelzmäntel und Jacken - etwa aus Hermelin oder Rotfuchs«, sagt Peter Slupinski vom gleichnamigen Düsseldorfer Kürschnerfachgeschäft. Mit seinem Bruder Alexander betreibt der 50- Jährige bereits in dritter Generation die Luxus-Boutique auf der »Kö«.

In vielem, was auf der Straße nach Pelz aussieht, stecken aber nur gewebte Textilien. Neben dem Geldbeutel entscheidet die Einstellung der Kundin zum Tierschutz den Griff zum Echt- oder zum Kunstpelz. Mehrere große Kaufhausketten haben sich aus ethischen Gründen schon völlig vom Verkauf echter Pelze verabschiedet.

Dazu gehören der Filialist C&A und die KarstadtQuelle AG. Nur im Nobelkaufhaus KaDeWe in Berlin und bei Hertie in München würden die Edelfelle noch angeboten, berichtet Karstadt-Sprecher Michael Scheibe in Essen. In den übrigen 187 Warenhaus-Filialen des Konzerns würden nur noch Web-Pelze angeboten. »Anlass waren für uns eine Kunden- Befragung und unsere konzernweit gültigen Sozial- und Umweltstandards.«

»Auch für uns sind Pelze kein Thema mehr«, berichtet C&A-Sprecher Thorsten Rolfes in Düsseldorf. Neben Tierschutz-Motiven des Unternehmens sei einfach festzustellen, dass der C&A-Kunde keinen Bedarf an Pelzen habe. In diesem Jahr gebe es im Verkauf nur noch einige Mäntel mit einer Pelz-Abfütterung oder -Verbrämung. »Ansonsten werden bei uns Daunenjacken in Schwarz und Gold und bei den Herren funktionelle, beschichtete Jacken bevorzugt.«

Luxus ohne Bedenken

Am anderen Ende des Preissegments sieht die Welt anscheinend ganz anders aus. »Der echte Pelz hat eine wahre Renaissance erfahren.« berichtet Slupinski aus der Sicht seiner Luxus-Boutique. Pelz sei wieder gern gezeigtes Status-Symbol. »Die Zeit der Uniformierung ist vorbei.« Ob Zobel oder Hermelin, Nerz oder Rotfuchs - der Auswahl sind hier höchstens finanzielle Grenzen gesetzt. »Unsere Kunden sind mit 30 bis 40 Jahren sehr viel jünger als früher«, erzählt er. Und: »Einige von ihnen sind von Beruf Erbe.«

Britische Obdachlose können sich in diesem Winter über ein bisschen Luxus freuen: Tierschützer wollen ihnen Pelzmäntel schenken. Wie die BBC am Donnerstag berichtete, hat die Tierschutzgruppe Peta Tausende von Pelzmänteln auf Lager. Sie sind von ihren früheren Besitzern abgegeben worden, nachdem diese sich gegen das Tragen von Pelz entschieden hatten. Bisher wurden die Kleidungsstücke meistens vernichtet.

Doch nun hat sich bei den Peta-Leuten die Erkenntnis durchgesetzt, dass es dafür noch einen guten Verwendungszweck gibt - gerade bei der derzeitigen Kälte. Die ersten Pelzmäntel sollen nun zu Weihnachten an Obdachlose in Liverpool verteilt werden. Danach plant Peta, die Aktion auf das ganze Land auszuweiten

PRODUKTE & TIPPS