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Wegwerfartikel Mieten, Bio, Fair Trade: So wird dein Weihnachtsbaum nachhaltig

Weihnachtsbaum im Topf
Tanne im Topf: Mittlerweile kann man den Weihnachtsbaum im Topf mieten, statt ihn zu kaufen
© Getty Images
Er gehört zu Weihnachten wie Plätzchen und Glühwein: der Christbaum. Doch jedes Jahr landen unzählige Tannenbäume auf dem Müll. NEON schaut nach Alternativen zum Wegwerfartikel Weihnachtsbaum.

Jedes Jahr im Dezember spielt sich in deutschen Wohnzimmern ein Drama ab: Es ist zwei Tage vor Weihnachten – und man hat noch keinen Baum. Am Ende steht in der Wohnung eine schiefe, zerrupfte Variante aus einem Verkaufstand vor dem Supermarkt. Und nachher sagen alle, dass er doch eigentlich ganz schön ist. So lief es zumindest viele Jahre in meiner Familie. Da wurden Spitzen angeklebt und Äste von der Tanne aus dem Garten drangebastelt.

Um unser Weihnachtsfest zu verschönern, stehen jährlich 25 bis 30 Millionen Bäume in deutschen Wohnzimmern und landen nach vier Wochen Weihnachtsfreude meist auf dem Müll. Der Weihnachtsbaum als Wegwerfartikel – nicht gerade nachhaltig in Zeiten, in denen immer mehr Menschen auf weniger Plastik, Regionalität und Umweltbewusstsein achten. Aber ein Weihnachten ohne Baum? Unvorstellbar! Doch welche Möglichkeiten gibt es für ein nachhaltigeres Weihnachten? NEON stellt Alternativen vor.

Weihnachtsbaum zur Miete

Weihnachtsbäume im Topf zu mieten, ist in Ländern wie den USA, Großbritannien oder der Schweiz schon länger üblich. In Deutschland macht der Anteil dieser Bäume nicht mal ein Prozent der circa 27 Millionen Christbäume in diesem Jahr aus, schätzt der Bundesverband der Weihnachtsbaumerzeuger. "Wir haben aktuell keine belastbaren Zahlen darüber, wie viele Unternehmen in Deutschland lebende Weihnachtsbäume zur Miete anbieten", sagt Saskia Blümel vom Bundesverband gegenüber NEON.

Einer dieser Anbieter ist "Weihnachtsbaumfreun.de": Bei dem Unternehmen aus Mainz kann man einen "lebenden" Weihnachtsbaum mieten. Die Nordmanntanne "Mia" kommt mit dem Lieferdienst zum Kunden nach Hause; meist für knapp zwei Monate. Die Bäume kommen aus Baumschulen in Deutschland und werden im Topf angeliefert. Je nachdem, wie viel Platz das eigene Wohnzimmer bietet, gibt es Mia zwischen ein Meter und 2,25 Meter. "Die Nachfrage ist seit dem letzten Jahr drastisch gestiegen", sagt Martin Roth von "Weihnachtsbaumfreun.de".

Nachfrage regelt Angebot

Seit zwei Jahren betreibt er den Weihnachtsbaumhandel zusammen mit dem Gründer Thomas Müller. Die Idee: Der Kunde erhält einen "lebenden" Baum im Topf zur Miete oder zum Kauf. Nach Weihnachten kann der Baum dann im Topf weiterwachsen oder eingepflanzt werden. Wer seinen Baum im Anschluss behält, zahlt weniger. Hat man aber keinen Balkon oder einen Garten, kann man die Tanne zurückschicken. Dort wird sie je nach Zustand im Topf weitergepflegt oder zusammen mit anderen Weihnachtsbäumen eingegraben, um in den kommenden Jahren wieder zum Einsatz zu kommen.

Auf die Idee kamen die beiden Unternehmer durch ihre Kinder: "Sie haben gefragt, warum die Weihnachtsbäume jedes Jahr weggeworfen werden", sagt Martin Roth. Sie hoffen, dass die Mietweihnachtsbäume noch mehr Anbieter und Abnehmer finden. "Wenn die Menschen zur Gärtnerei oder Baumschule bei sich um die Ecke gehen und jedes Jahr nachfragen, ob sie auch Bäume im Topf mieten oder kaufen können, ändert sich hoffentlich auch das Angebot", so Martin Roth.

Das sollte man bedenken

Eine gelungene Idee, wenn es darum geht, aus dem Einwegprodukt Weihnachtsbaum, ein Mehrwegprodukt zu machen, findet Stefan Adler vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu). "Jedoch gilt es auch hier zu bedenken, wie und unter welchen Bedingungen der Baum gezogen wird; ob zum Beispiel Pestizide zum Einsatz kamen." Auch den Transportweg des Baumes, der teilweise durch ganz Deutschland bis zur Haustür geliefert wird, sei nicht unbedingt immer klimafreundlich. "Zudem muss der Baum richtig gepflegt werden, damit man ihn nachher wirklich wieder einpflanzen kann", sagt der Experte.

Auch Saskia Blümel von Bundesverband ist skeptisch: "Wir stellen die Nachhaltigkeit von lebenden Weihnachtsbäumen grundlegend in Frage", sagt sie. Die Chance, dass der Baum wirklich wieder anwachse, sei sehr gering, da oftmals die Wurzeln verletzt würden. Zudem sei die Tanne durch den Wechsel zwischen der winterlichen Außentemperatur und der warmen Wohnung großem Stress ausgesetzt.

Tipps für den richtigen Umgang

Um diesen Problemen vorzubeugen, geben die Verleiher ihren Kunden Tipps für den Umgang mit dem Mietbaum, der je nach Anbieter zwischen 50 bis 100 Euro kosten kann. "Weihnachtsbaumfreun.de" empfiehlt seinen Kunden, den Baum noch einige Tage nach der Lieferung ohne Verpackung im Freien stehen zu lassen. Zudem sollte die Tanne nicht zu nah an der Heizung oder dem Kamin stehen und immer gut bewässert werden. Auch Martin Roth sieht noch Potential bei den Mietweihnachtsbäumen: "Im vorletzten Jahr hat nur knapp jede zweite Tanne bei uns überlebt", sagt er. Dem wolle man jedoch mit einem neuen Bewässerungssystem für die wieder-eingepflanzten Bäume entgegenwirken.

Alternative zum Mietbaum

Wem der Mietbaum zu teuer ist, der muss nicht gleich auf die Tanne vom Supermarkt um die Ecke zurückgreifen. Wer ländlicher wohnt, kann zum Beispiel bei einem Waldbesitzer nachfragen, ob es junge Bäume gibt, die nach Stürmen in den vergangenen Jahren in größerer Zahl nachgewachsen sind. "Wer sich zum Beispiel mit einer Fichte zufrieden geben kann, statt der beliebten Nordmanntanne, für den ist das eine Alternative", sagt Stefan Adler vom Nabu. So spare man sich lange Transportwege und schade dem Wald nicht.

Für Weihnachtsfans mit viel Zeit und kleinem Geldbeutel gibt es außerdem noch eine andere Alternative: selbst anpflanzen. Wer den Setzling in einem Topf mehrere Jahre pflegt, kann ihn über Weihnachten als Baum ins Haus holen. Dabei werden die Wurzeln nicht durch Ein- und Auspflanzen geschädigt und der Baum muss keine weiten Strecken zurücklegen. "Das dauert natürlich ein paar Jahre und so ein Baum inklusive Wurzeln kann ganz schön schwer werden", gibt Stefan Adler zu bedenken.

Regional und fair

Aber auch ohne Zeit und Muße lassen sich zumindest faire oder regionale Bäume für das weihnachtliche Wohnzimmer ergattern. 80 Prozent der Christbäume stammen aus Deutschland, am beliebtesten ist immer noch die Nordmanntanne aufgrund ihrer langen Nadeln und des gleichmäßigen Wachstums. Ihr konnte aufgrund der langen Wurzeln auch der trockene Sommer in diesem Jahr nichts anhaben, wie der Bundesverband der Weihnachtsbaumerzeuger berichtet. Die Umweltorganisation Robin Wood bietet eine Liste mit Unternehmen und Gärtnereien, die deutsche Bäume aus ökologischer Waldwirtschaft und anerkannt ökologischen Weihnachtsbaumkulturen verkaufen; regionale Weihnachtsbäume sozusagen.

Und auch das Fair Trade System ist bei den Weihnachtsbäumen angekommen: Bei "Fair Trees" bekommt der Kunde Weihnachtsbäume, die mit "Rücksicht auf Menschen und Umwelt" hergestellt wurden, wie das Unternehmen auf seiner Website sagt. Dahinter steckt die Idee, die Arbeitsbedingungen rund um die Produktion der Tannen zu verbessern. Ein Großteil des Saatgutes stammt aus Georgien und wird dort von sogenannten Zapfenpflückern geerntet. "Für jedes verkaufte Kilo Samen und jeden verkauften Fair Trees Weihnachtsbaum wird ein Betrag in die Entwicklung des örtlichen Gemeinwesens in Georgien gespendet", so Fair Trees. Erhältlich sind die Bäume bei speziellen Händlern, die das Unternehmen auf seiner Homepage auflistet.

Alles ist besser als Plastik

Besser als ein Plastik-Mehrwegbaum sind diese Alternativen allemal, wenn es um die ökologische Bilanz geht. Eine nordamerikanische Studie fand im Jahr 2009 heraus, dass ein aus China importierte Plastikbaum 20 Jahre wiederverwendet werden muss, um sich in seiner Oköbilanz zu rechnen. "Eine Alternative kann auch erst einmal sein, die Weihnachtsbäume in einem Haushalt zu reduzieren", sagt Stefan Adler. Man brauche nicht unbedingt noch einen auf der Terrasse oder vor der Haustür, neben der Tanne im Wohnzimmer. Ob der nachhaltige Weihnachtsbaum nur eine Modeerscheinung ist oder von den Kunden wirklich mehr nachgefragt wird, lässt sich aktuell aber noch nicht einschätzen. "In unseren Umfragen spielen Mietweihnachtsbäume für die Kunden immer noch keine signifikante Rolle", sagt Saskia Blümel vom Bundesverband der Weihnachtsbaumerzeuger. Auch neue Anbieter seien in diesem Jahr nicht dazugekommen.

Hier kann man Weihnachtsbäume mieten

Weihnachtsbaumfreun.de 

Greentree

Rent-a-plant.de

Paderbäumchen

Dieser Artikel erschien erstmals am 5. Dezember 2018 bei NEON. Wir haben alle Zahlen und Links für euch auf den neusten Stand gebracht.

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