ANALYSE: Christdemokraten jubeln über FDP-Spitzenwert

Als auf der Wahlparty der CDU in Hannover um 18.

Als auf der Wahlparty der CDU in Hannover um 18.00 Uhr die ersten Zahlen über die Bildschirme flimmern, bleibt der Jubel der Christdemokraten verhalten. Zu mager ist das eigene Abscheiden. Doch als dann die Werte für die FDP auftauchen, bricht regelrechtes Triumphgeheul aus: Der in den Umfragen schwächelnde Koalitionspartner FDP erreicht am Sonntagabend überraschend fast zehn Prozent und sorgte damit trotz der heftigen Stimmverluste bei der CDU dafür, dass das seit zehn Jahren in Hannover regierende schwarz-gelbe Bündnis in den Hochrechnungen gleichauf mit Rot-Grün liegt.

Mit einer großangelegten Leihstimmen-Kampagne hatte die niedersächsische CDU unter Ministerpräsident David McAllister in der Schlussphase des Wahlkampfes dem angeschlagenen liberalen Partner im Duell mit SPD und Grünen Schützenhilfe gegeben - eine Strategie zur Stabilisierung der bedrohten Regierungsmehrheit, die offenbar aufging und von den eigenen Anhängern im Fraktionssaal der CDU im Landtag entsprechend gewürdigt wurde. "Das war uns ein Vergnügen", ruft ein Christdemokrat aus, als ein TV-Moderator das Thema Leihstimmen anspricht.

Doch so lautstark die erste Freude über das erstaunlich gute Abschneiden der Liberalen bei FDP und CDU auch ist, andauernde Begeisterung will wegen der zunächst völlig unklaren Mehrheitsverhältnisse auch bei CDU und FDP nicht recht aufkommen. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den zu Koalitionen entschlossenen Lagern Schwarz-Gelb und Rot-Grün hatten Demoskopen bei Niedersachsen-Wahl prognostiziert - und genau so kommt es: Angesichts des Patts in den Hochrechnungen bleibt zunächst vollkommen offen, wer am Ende die Nase vorne hat.

Bei den Grünen, die auf ihrer Wahlparty im Landtag mit Gemüsefrikadellen feiern, versucht Spitzenkandidat Stefan Wenzel vergeblich, die Laune der eigenen Anhänger zu heben. Zwar fahren die Grünen mit rund 13 Prozent ihr bisher bestes Ergebnis in Niedersachsen ein. Doch die Aussicht, eventuell trotzdem weiter die Oppositionsbänke drücken zu müssen, verhagelt ihnen die Stimmung. "Daumen Drücken, da geht noch was", versucht Wenzel dagegenzuhalten: "Das ist so spannend heute wie der Hannover-Tatort."

Bei der SPD macht Spitzenkandidat Stephan Weil seinen Genossen Mut, als er schon kurz nach 18.00 Uhr auf der Wahlparty erscheint und mit langanhaltendem rythmischem Beifall begrüßt wird. "Natürlich" wisse niemand, wer am Ende als Sieger aus dem Abend hervorgehen werde, sagt der 54-jährige Oberbürgermeister von Hannover. Aber er sei begeistert, dass die SPD in Niedersachsen trotz eines Wahlkampfs "unter nicht ganz einfachen Bedingungen" im Vergleich zu der Landtagswahl von 2008 zugelegt habe. "Das ist bemerkenswert."

In der Tat hatte die SPD im Verlauf des Wahlkampfs mit sinkender Zustimmung der Wähler zu kämpfen und damit - parallel zum allmählichen Erstarken der FDP - den zunächst recht komfortablen Vorsprung von Rot-Grün verloren. Dass dies in Zeiten einer ganzen Serie von Patzern des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück passierte, sorgt am Sonntag auch bei den Genossen in Hannover für Gesprächsstoff.

Die SPD in Niedersachsen habe jedenfalls "einen wirklich starken Wahlkampf" gemacht, sagt Parteimitglied Axel von der Ohe auf der Wahlparty der Genossen. Daniel Brunkhorst, Chef der SPD-Nachwuchsorganisation Jusos im Bezirk Hannover, sieht das etwas differenzierter. Er hätte sich "mehr Zuspitzung" beim SPD-Wahlkampf gewünscht, sagt er. Und ergänzt: "Natürlich wird man sich irgendwann die Frage stellen, ob die Peer-Steinbrück-Debatte sinnvoll war oder nicht."

AFP
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