Hunderte Bombendrohungen bundesweit: Razzia bei teils jugendlichen Verdächtigen

Polizeieinsatz an Schule
Polizeieinsatz an Schule
© AFP
Nach hunderten Bombendrohungen etwa gegen Schulen und Einkaufszentren ist das Bundeskriminalamt (BKA) gegen Mitglieder der mutmaßlich verantwortlichen Gruppierung vorgegangen. Durchsuchungen erfolgten am Dienstag bei vier teils minderjährigen Verdächtigen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen sowie einem jugendlichen Zeugen in Sachsen-Anhalt, wie die Behörde in Wiesbaden mitteilte. Die Beschuldigten sollen massenhaft E-Mails mit vorgetäuschten Drohungen geschickt haben.

Laut BKA lösten die Drohungen "in hunderten Fällen" Polizeieinsätze und Evakuierungen aus. 2024 waren unter anderem Einkaufszentren in Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen, ein Bahnhof im Saarland, ein Gebäude des Mitteldeutsche Rundfunk in Magdeburg sowie Schulen und andere öffentliche Einrichtungen betroffen. Weitere vergleichbare Taten der Gruppierung betrafen demnach das Nachbarland Österreich.

Nach Angaben der Ermittler agierten die Verdächtigen "rein virtuell" in einer Messengergruppe namens "Schweinetreff". Es geht demnach um den Vorwurf der Bildung einer kriminellen Gruppierung. Das Ziel der Beschuldigten sei es gewesen, den öffentlichen Frieden zu stören, die Bevölkerung größtmöglich zu verunsichern und sich an der Reaktion der Sicherheitsbehörden und der öffentlichen Aufmerksamkeit "zu erfreuen".

Der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main zufolge sind die vier männlichen Verdächtigen zwischen 16 und 23 Jahre alt und deutsche Staatsbürger. "Hinweise auf eine politische Motivation der Taten bestehen derzeit nicht", teilte ein Sprecher der Behörde, die in dem Fall gemeinsam mit dem BKA ermittelt, der Nachrichtenagentur AFP mit.

Bei den Durchsuchungen wurden elektronische Geräte und Speichermedien beschlagnahmt. Von Festnahmen war aber nicht die Rede. Es seien keine Haftbefehle vollstreckt worden, betonte die Generalstaatsanwaltschaft.

Laut BKA sollen die Beschuldigten, unter denen sich zwei Jugendliche befinden, "als Teil einer überregional agierenden Tätergruppierung" gehandelt haben. Mutmaßlich um die Drohwirkung zu verstärken, hätten ihre E-Mails häufig einen "islamistischen Bezug" gehabt. Auch eine "religiös motivierte Tatmotivation" habe sich bei den Ermittlungen aber nicht belegen lassen. Alle Drohungen seien zudem falsch gewesen.

Laut Bundeskriminalamt waren die vier Verdächtigen durch Ermittlungen nach Drohungen in Österreich ins Visier geraten. Durch die dortigen Behörden sowie den folgenden Informationsaustausch mit der deutschen Seite seien Beweise zu Verdächtigen und deren Vernetzung erlangt worden. So seien die deutschen Beschuldigten identifiziert worden. Genauere Angaben zu deren Wohnorten machten die Ermittler dabei nicht.

Die Razzia zeige, "dass das Internet trotz vermeintlicher Anonymität keinen rechtsfreien Raum darstellt", erklärte BKA-Vizepräsident Sven Kurenbach. Er wies zugleich auf mögliche finanzielle Folgen für die Verantwortlichen hin. Durch die Großeinsätze entstünden hohe Kosten.

Die Ermittler wiesen außerdem auf psychologische Auswirkungen und Sachschäden durch die Beeinträchtigung der Betriebsabläufe etwa im Geschäfts- und Verkehrsbereich hin. Insbesondere Evakuierungen an Schulen wirkten sich "belastend" auf die oft jungen Betroffenen aus.

Geführt wurden die Ermittlungen gemeinsam vom BKA und einer bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt angesiedelten Spezialabteilung zur Bekämpfung von Internetkriminalität. Deren Leiter Benjamin Krause erklärte, es handle sich bei der vorgeworfenen Tatserie "nicht um harmlose Streiche, sondern um Straftaten". Wer derartige Drohungen verschicke, müsse "mit einer konsequenten Strafverfolgung" rechnen.

AFP