Im inzwischen annullierten ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen in Rumänien war der rechtsradikale, pro-russische Kandidat Calin Georgescu überraschend auf Platz eins gekommen. Er hatte Tiktok massiv für seinen Wahlkampf genutzt, mit ultrarechten Parolen für Aufsehen gesorgt und auf der Videoplattform eine Kampagne gestartet, in der er ein Ende der Hilfen für die Ukraine forderte.
Die EU-Kommission will nun untersuchen, ob Tiktok seine eigenen Regeln in Rumänien konsequent durchgesetzt hat. Dabei geht es insbesondere um ein Verbot, bezahlte Werbefunktionen für politische Inhalte zu nutzen - also Wahlkampfgelder auf Tiktok auszugeben. Das Verfahren soll zudem klären, ob Georgescu durch die Algorithmen, die Nutzenden Videos und Profile empfehlen, einen unrechtmäßigen Vorteil hatte.
Das Büro des scheidenden rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis hatte beklagt, Georgescu habe bei der Wahl "massiv" von seiner Reichweite auf Tiktok profitiert. Iohannis gab Dokumente des Geheimdienstes frei, in denen von "manipulierten" Influencern und mehr als 85.000 Cyberangriffen die Rede war. Rumänien sei zudem ein Ziel "aggressiver" Einmischungen Russlands, darunter Cyberangriffe, Leaks und Sabotageakte, erklärte der Geheimdienst.
"Wir müssen unsere Demokratien vor jeder Art von ausländischer Einmischung schützen", betonte EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen. Das sei auch Aufgabe der Onlinedienste. "Es sollte glasklar sein, dass in der EU alle Online-Plattformen, einschließlich Tiktok, zur Rechenschaft gezogen werden müssen", fügte sie hinzu. Bestätigen sich die Vorwürfe, drohen Tiktok hohe Geldstrafen.
Das Unternehmen wies die Vorwürfe am Dienstag erneut zurück und betonte, zahlreiche Profile seien wegen Verstößen gegen die Nutzungsbedingungen bereits gelöscht worden. "Wir arbeiten weiterhin mit der Europäischen Kommission sowie mit regionalen und nationalen Behörden zusammen, um Anfragen zu bearbeiten und Bedenken zu diskutieren", teilte Tiktok weiter mit.
Nach den Geheimdienstberichten über massive Cyberangriffe und Einmischung aus Russland hatte das Oberste Gericht Rumäniens die erste Runde der Präsidentschaftswahl Anfang Dezember vollständig annulliert und damit auch die eigentlich anstehende Stichwahl abgesagt. Das Gericht ordnete eine Wiederholung der Wahl an, der Termin muss noch von der Regierung festgesetzt werden.
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