Erdbeben in Chile Regierung verhängt Ausgangssperre

Erst das Beben, jetzt die Plünderungen: Die chilenische Regierung hat über die am schwersten von dem Erdbeben betroffene Stadt Conception eine Ausgangssperre verhängt. Grund ist die zunehmende Gewalt auf den Straßen. Unter den Trümmern kämpfen derweil immer noch Verschüttete um ihr Leben.

Nach dem schweren Erdbeben in Chile mit mehr als 700 Toten wächst in den betroffenen Regionen die Angst vor Plünderungen und Gewalt. Der künftige Präsident des Landes, Sebastián Piñera, sprach sich für den Einsatz der Armee aus, um Unruhen zu vermeiden. Am Montagmorgen erschütterte ein Nachbeben der Stärke 6,2 das südamerikanische Land.

Noch-Staatschefin Michelle Bachelet solle die Armee in die betroffenen Gebiete schicken, um Verbrechen, Plünderungen und Unruhen zu verhindern, sagte Piñera vor Journalisten. Recht und Ordnung drohten verloren zu gehen. Piñera war im Januar zum neuen Präsident des Landes gewählt worden und soll am 11. März sein Amt antreten.

Lebenszeichen aus den Trümmern

Um Plünderungen vorzubeugen, wurde über die besonders schwer betroffene 400.000-Einwohner-Stadt Concepción eine Ausgangssperre verhängt. Sie trat am Sonntagabend um 21 Uhr (Ortszeit, Montag 01.00 Uhr MEZ) in Kraft und sollte nach Angaben der Behörden bis Montagfrüh 6 Uhr gelten. Überall in der schwer zerstörten Stadt wurden die Menschen mit Lautsprecher-Durchsagen auf die Ausgangssperre hingewiesen. Bei Verstößen drohten die Behörden mit Festnahmen.

In den betroffenen Regionen suchten Rettungskräfte fieberhaft nach möglichen Überlebenden. Aus den Trümmern eines eingestürzten Hochhauses in Concepción konnten die Rettungskräfte zunächst nur acht Leichen bergen. "Es gibt aber noch 48 eingeschlossene Personen, die offensichtlich noch leben", sagte der Sprecher der Rettungskräfte, Ignacio Carrizo. "Wir arbeiten hart und wir werden nicht nachlassen, bis wir alle gerettet haben." Das 14-stöckige Hochhaus war bei dem schweren Erdbeben am Samstagmorgen zusammengestürzt, viele Bewohner wurden unter den Trümmern begraben.

Behörden gehen von mindestens 708 Toten aus

In Concepción und anderen Städten war es über das Wochenende zu schweren Plünderungen gekommen. Bachelet verhängte deshalb am Sonntag den Ausnahmezustand über die beiden am stärksten betroffenen Regionen Maule und Biobio. Er gelte zunächst für 30 Tage und solle die öffentliche Ordnung garantieren sowie schnellere Hilfslieferungen ermöglichen, sagte die Präsidentin. Die Armee werde dabei mit den örtlichen Behörden zusammenarbeiten, kündigte Verteidigungsminister Fancisco Vidal. Die chilenische Luftwaffe habe 10.000 Mann entsandt.

Durch das Erdbeben am Samstagmorgen und die folgenden Flutwellen starben mindestens 708 Menschen. Die Zahl der Vermissten nehme ständig zu, weshalb die Totenzahl weiter steigen werde, sagte Bachelet. Das Erdbeben sei "eines der fünf stärksten" in der Geschichte des Landes; etwa zwei Millionen Menschen seien betroffen. Der Verteidigungsminister räumte ein, die Regierung habe einen Fehler begangen, indem sie nach dem schweren Beben nicht die Gefahr eines Tsunamis in Betracht gezogen habe.

Schweres Nachbeben am Montagmorgen

Nach dem Hauptbeben wurde Chile immer wieder von Nachbeben erschüttert. Ein besonders starkes ereignete sich am Montagmorgen. Dieses hatte nach Angaben der US-Erdbebenwarte die Stärke 6,2. Sein Epizentrum lag in etwa 35 Kilometer Tiefe gut hundert Kilometer nordöstlich der Stadt Talca.

Auf dem schwer beschädigten Flughafen von Santiago de Chile landeten am Sonntag einige wenige Flugzeuge mit Ausnahmegenehmigungen. Offiziell wieder öffnen werde der Flughafen wohl nicht vor Dienstag, sagte ein Sprecher des Airports.

DPA
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