Jeder kennt es. Kundendienste zu erreichen ist oft ein größeres Problem als das Anliegen, was man eigentlich gelöst haben wollte. Man hängt stundenlang in der Warteschleife oder bekommt einfach keine Antwort auf seine E-Mail. Die Wut steigt. Zunehmend wird deshalb auch Facebook zu einer Plattform, auf der Nutzer ihrem Ärger Luft machen und gegen die Unternehmen schimpfen. Dort hoffen sie auf eine schnellere Antwort. Genau das liefert der "Kundendienst", doch nicht ganz so, wie man sich das als genervter Kunde erhofft - stattdessen streut dieser noch ordentlich Salz in die Wunde.
Die Kundendienst-Falle
Ein Nutzer beschwert sich auf der Facebook-Seite von EA Sports über das neue Fifa-Spiel. Der "Kundendienst" reagiert darauf mit einer fiktiven Rückgabeaktion, bei der man die Fifa15-CD umsonst gegen eine Fifa16-CD tauschen könne. Dafür müsse er aber den Satz "Es tut mir sehr leid, ich liebe Fifa und bin ein riesen Fan posten." Eine andere Nutzerin meckert auf der Jacobs-Seite über den fischigen Geschmack des in Holland gekauften Kaffees. Der "Kundendienst" erklärt, sie habe wohl versehentlich den Kaffee mit Seelachs-Geschmack gekauft. Gerne würde Jacobs diesen gegen einen Kaffee mit Gouda-Geschmack umtauschen.
Das Prinzip ist ganz einfach: User beschweren sich auf den Facebook-Seiten der Unternehmen und der Fake-Kundendienst kommentiert einige Beiträge. Für die verärgerten Nutzer gibt es alles andere als Mitgefühl und Verständnis. Meist kommentiert der Kundendienst nur mit "Guten Tag", gefolgt von einer satirischen Antwort auf die Frage oder einer anderen belangslosen Aussage. Stets mit dabei: die typische Kundendienst-Floskel "Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen."
Natürlich treibt das viele Nörgler noch mehr auf die Palme und sie reagieren auf die Satire - ganz zur Freude der "Kundendienst"-Community. Die enstandenen Dialoge mit meckernden Nutzern postet das Team auf der eigenen Facebook-Seite. "Teilweise haben die Leute aber eine echte Beschwerde, die vielleicht nicht ganz sachlich ausformuliert ist", so Alexander. "Dann versuchen wir meistens eine möglichst blöde Antwort zu geben, bei der man denkt: Das würde die Firma niemals sagen, aber so denken sie ja eigentlich."
Schneller als der eigentliche Kundenservice
Hinter dem Kundendienst - selbst ernannt zu "Deutschlands bestem Service" - stecken vier Studenten im Alter von 20 bis 24 Jahren. Die Idee zum Kundendienst kam den Jungs, weil es viele Bereiche gibt, über die man sich heutzutage aufregen kann - egal ob Handyvertrag, Deutsche Bahn oder McDonalds. Vielfach werden dafür die Facebook-Seiten der Unternehmen genutzt. Oft tummeln sich dort Beschwerden um Beschwerden, doch viele bleiben unbeantwortet. "Und dann haben wir uns gedacht: Wenn die sich nicht um die Kommentare auf der Seite kümmern, dann müssen wir das eben machen und die Unternehmen ein bisschen wachrütteln - natürlich auf Satire ausgelegt und dabei die Leute ein bisschen aufs Korn nehmen", erklärt Alexander.
Das Gute dabei: Meist ist der "Kundendienst" schneller als die Deutsche Bahn, Nestlé und Co. Fast 147.000 Likes hat der Fake-Kundendienst mittlerweile auf Facebook. Das Feedback ist überwiegend positiv. Nur die veräppelten Nörgler würden den "Kundendienst" wahrscheinlich am liebsten köpfen. Viele Nachrichten der eigenen Fans loben den angeblichen Kundendienst dafür, dass er "das sagt, was die Unternehmen denken." Außerdem bekommt das Team von Nutzern immer wieder Vorschläge geschickt, wo sie als nächstes kommentieren könnten. Aber nicht nur viele Verbraucher fühlen sich vom "Kundendienst" verstanden, sondern auch wirkliche Mitarbeiter im Callcenter-Kundenservice. Diese würden dem "Kundendienst" schreiben, sie hätten auch oft dämliche Fragen, müssten ihren Anrufern allerdings stets freundlich und höflich darauf antworten. Deshalb würden sie sich freuen, dass der "Kundendienst" dies auf Facebook nicht tue.
Ist das gar nicht echt?
Mit einem Blick auf das Profil der Seite könnte man herausfinden, dass es sich um eine Fake-Seite handelt. Doch das fällt den Nutzern in Rage gar nicht auf. Alex selbst meint: "Man kann es für echt halten, denn wir haben halbwegs neutrale Bilder und sind bei Facebook als professionelle Dienstleistung eingetragen." Zudem schrieben mehrere Nutzer sogar bewusst den "Kundendienst" an, weil sie ihn für einen Dachverband aller Kundendienste oder sogar für den Kundendienst von Facebook halten würden.
Der beliebteste Post der Seite ist mit über 9000 Likes der automatische Kundendienst-Post. Hier greift der Fake-Kundendienst genau die Probleme auf, die jedermann tagtäglich mit dem Kundendienst hat. Eine nicht ganz sachlich formulierte Beschwerde beim Elektronik Wunderland führt zur automatischen Beantwortung in ihrer schrägsten Form.
Und was sagen die Firmen dazu?
Viele Unternehmen finden die Arbeit vom Kundendienst natürlich gar nicht lustig. Denn entweder werden die Unternehmen selbst veräppelt oder ihre verärgerten Kunden. "Wir sind der beste Service-Dienstleister Deutschlands in allen Bereichen, deswegen haben wir natürlich auch überall Leute, die uns da nicht so gerne sehen", erklärt Alexander. Von der deutschen Bahn, über IKEA, bis hin zu Unitymedia - bei vielen Seiten, auf denen sich Nutzer besonders gerne beschweren, hat der Kundendienst mittlerweile keinen Zugriff mehr.
Das Team ist aber der Meinung, dass sie den Unternehmen mit ihrer Arbeit ja nicht wirklich schaden würden. Stattdessen "ärgern wir da ein paar Kunden, die sowieso schon eine blöde Frage stellen." Es gibt aber auch einige Unternehmen, die das Ganze mit Humor nehmen. Beispielsweise das Social-Media-Team von Rewe, das dem Kundendienst für den erheiternden Support dankt, ihn aber freundlich bittet weitere Unterstützung bleiben zu lassen. Solche Reaktionen findet Alexander viel besser: "Wir machen ja nur was Lustiges, und wenn die, die am Ende aufs Korn genommen werden, es auch mit einem Augenzwinkern sehen, dann ist es noch besser."
"Mit Wut entsteht der beste Dialog"
Irgendwie ist es gemein, denn wenn man wirklich wütend ist, dann ist einem tatsächlich nicht zum Lachen zu Mute. Aber vor allem ist es lustig. "Wenn die Nutzer wütend sind, dann entsteht natürlich der beste Dialog", gibt Alexander zu. In welchem Ton die zornigen Nutzer Beiträge auf den Seiten der Unternehmen posten, ist oft alles andere als sachlich. Also schlägt der Kundendienst zurück und bringt damit Nörgler und Unternehmen zur Weißglut. Aber auch - und das ist der eigentliche Sinn - rund 150.000 Menschen zum Lachen. Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesem Artikel weiterhelfen.