Beim Zusammenstoß einer skandinavischen Passagiermaschine mit einem deutschen Privatjet auf dem Mailänder Flughafen Linate sind am Montag mindestens 119 Menschen ums Leben gekommen. Die Maschine vom Typ Cessna 525 A mit 4 Menschen an Bord, darunter 2 Deutsche, war bei dichtem Nebel irrtümlich auf die Startbahn geraten. Dort wollte die SAS-Linienmaschine mit 110 Menschen an Bord um 08.14 Uhr gerade abheben. Keiner der Insassen beider Maschinen überlebte das Inferno, außerdem starben mindestens 5 Flughafenarbeiter. Italienische und deutsche Behörden schlossen einen Terroranschlag als Ursache aus.
Fluglotsen in Mailand erklärten, das Bodenradar zur Verfolgung von Starts und Landungen sei schon seit einem Jahr ausgefallen. Dies könne bei extrem schlechter Sicht zu der Katastrophe beigetragen haben. Italienische Behörden sprachen von menschlichem Versagen. Die Staatsanwaltschaft eröffnete Ermittlungen wegen Fahrlässigigkeit. Das SAS-Flugzeug vom Typ MD 87 (Boeing/McDonnell Douglas) mit 110 Menschen an Bord kam nach Angaben der Behörden durch den Aufprall von der Startbahn ab, drehte sich zur Seite und prallte in einen Hangar für die Gepäckabfertigung. »Dort brach die Maschine in drei Teile«, sagte ein Augenzeuge. »Ich hörte drei schwere Explosionen, dann gingen das Flugzeug und der Hangar in Flammen auf.«
In dem Geschäftsjet vom Typ Cessna 525 A, die zuvor angeblich aus Köln gekommen war und in Richtung Paris starten wollte, waren zwei Deutsche und zwei Italiener. An Bord der SAS-Maschine, die auf dem Weg nach Kopenhagen war, befanden sich 48 Italiener, 56 Menschen anderer Nationalitäten und 6 Besatzungsmitglieder; ob Deutsche darunter waren, wurde zunächst nicht bekannt.
Mehrere Arbeiter in dem Gepäckhanger wurden zum Teil schwer verletzt aus dem Gebäude gerettet. »Ich sah brennende Arbeiter aus dem Hangar rennen«, sagte ein Augenzeuge. Die Rettungsarbeiten waren wegen starker Rauchentwicklung extrem schwierig. Wegen des dichten Nebels konnten zudem keine Rettungshubschrauber starten und landen. »Es waren noch Stunden nach dem Unglück Hilfeschreie von Überlebenden in den Trümmern zu hören«, berichtete das italienische Fernsehen. Über 60 Leichen wurden vorübergehend in ein nahe gelegenes Gebäude gebracht.
Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) schloss nach einem Telefongespräch mit seinen Amtskollegen Claudio Scajola einen Terroranschlag als Ursache aus. »Das war ein tragischer Unfall. Ein terroristischer Hintergrund ist auszuschließen.«
SAS weist Vorwürfe zurück, es habe Sicherheitsmängel gegeben
Es war das bisher schwerste Unglück auf dem Flughafen Linate, der sieben Kilometer östlich von Mailand liegt und wegen häufigen Nebels berüchtigt ist. »Die SAS-Maschine hatte schon auf volle Geschwindigkeit beschleunigt, der vordere Teil des Flugzeug hatte bereits von der Startbahn abgehoben«, sagte ein Sprecher der italienischen Flugsicherheit zur dpa. »Wegen der extrem schlechten Sicht haben sich beide Piloten erst in letzter Sekunde gesehen.« Es sei aber bereits zu spät gewesen, einen Zusammenprall zu verhindern. Warum die Cessna auf die falsche Landebahn geriet, war zunächst unklar. Unbestätigten Berichten zufolge habe der Pilot dem Tower einen falschen Standort angegeben, daraufhin habe die SAS-Maschine Freigabe für ihren Start erhalten.
Die Fluglinie SAS, die von Dänemark, Norwegen und Schweden gemeinsam betrieben wird, war im Sommer wegen einer ungewöhnlichen Häufung von Beinahe-Unglücken in Schlagzeilen geraten. SAS wies am Montag in Stockholm alle Vorwürfe von Sicherheitsmängeln vehement zurück. Drei Flugzeuge mit Spezialisten wurden nach Italien geschickt. Die Experten sollten die Ursache der Kollision klären und sich um die Angehörigen kümmern. Auf dem Kopenhagener Flugplatz Kastrup wurde ein Krisenzentrum für Betroffene eingerichtet. Angehörigen sollte auch der sofortige Flug nach Mailand ermöglicht werden.