Dieses Mal hat der Hase keine Chance: Die beiden schlanken Windhunde eilen pfeilschnell heran, schnappen zu und wirbeln das Langohr durch die Luft, die Menge jubelt. Diese Szene wiederholt sich derzeit täglich wieder und wieder auf einer Wiese im englischen Great Altcar bei der größten britischen Hundehetzjagd auf lebende Hasen. Und wieder sorgt der umstrittene Waterloo Cup, bei dem es für Meister Lampe bereits seit 175 Jahren um Leben oder Tod geht, für schlechte Stimmung im Königreich.
Dieses Mal stellen sich vor Ort sogar 100 Polizisten auf der Wettkampfwiese zwischen die Freunde der Traditionsjagd und die 150 Tierschützer, die sich gegenseitig beschimpfen. "Das ist das bestgehütete Geheimnis des Vereinigten Königreichs. Niemand im Rest Europas weiß, was hier vorgeht. Es ist widerlich", lässt Tierschutzaktivist Tony Moore gegenüber der 'Times' seinem Ärger freien Lauf.
Der Hase bekommt 90 Meter Vorsprung
Beim mehrtägigen Waterloo Cup jagen insgesamt 64 Windhunde aus ganz Großbritannien und Irland immer paarweise auf einer umzäunten Wiese einem Hasen hinterher, der gut 90 Meter Vorsprung bekommt. Tausende Zuschauer kommen zu den täglich 50 Rennen. Simon Hart, Chef der Countryside Alliance, hält an dem umstrittenen "Traditionssport" fest wie Prinz Charles an der ebenso umstrittenen Fuchsjagd: "Bis jetzt sind alle Versuche fehlgeschlagen, einen annehmbaren Grund vorzuweisen, warum dies eine Straftat sein sollte."
John Rolls von der Königlichen Gesellschaft zur Verhinderung von Grausamkeiten gegen Tiere (RSPCA) nennt das Schauspiel hingegen ein "barbarisches Geschehen", bei dem "das Töten ein wichtiger Teil der Unterhaltung" sei. Dem müsse die Regierung jetzt endlich ein Ende bereiten. Die Tierschützerin und Journalistin Emma Milne fragt, warum die Veranstalter die Rennen nicht mit falschen Hasen organisieren könnten und merkt an: "Wenn eine Gruppe von Teenagern aus einer Innenstadtgemeinde ihre Hunde auf eine Katze hetzen würden, gäbe es sofort einen Tumult."
Die Liebhaber dieser Art des Jagdsports machen geltend, jeder Hase habe eine gute Chance zu entkommen. Nur jedes achte oder neunte Tier gerate in die Fänge der superschnellen Hunde. Die Tierschützer stellen die unnötigen Qualen für die Nager in den Vordergrund.
Die Regierung müht sich seit Jahren
Das Problem ist weiter ungelöst: Das nun schon mehr als fünf Jahre währende Bemühen der britischen Regierung um ein Verbot der Hetzjagd mit Hunden ist immer noch nicht von Erfolg gekrönt. Im vergangenen Oktober stimmte das Oberhaus gegen das zuvor vom Unterhaus beschlossene Verbot, das sich vorrangig gegen die Fuchsjagd richtet. Die Lords und Ladys des Oberhauses hatten gegen das Gesetz vor allem vorgebracht, dass sich danach künftig auch jeder strafbar mache, dessen Hund beim Spaziergang im Wald einem Hasen nachjage.
Die Labour-Regierung kann trotz der Ablehnung im Oberhaus mit einem Sondergesetz ihr Hetzjagdverbot durchsetzen - und kündigte dies auch bereits an. Der Labour-Unterhausabgeordnete Colin Pickthall, der seinen Wahlkreis in Altcar hat, gibt sich kämpferisch: "Unser Wille kann nicht ignoriert werden. Ich bin zuversichtlich, das Ende der Hetzjagd mit Hunden ist nahe."