Während russische Truppen ihre Angriffe auf die Ukraine fortsetzen und das Verteidigungsministerium in Moskau sogar den Einsatz von Hyperschallraketen meldet, sind erstmals seit Kriegsausbruch drei russische Kosmonauten am Freitag an der Internationalen Raumstation (ISS) angekommen. Allerdings ist es nicht die Ankunft von Oleg Artemjew, Denis Matwejew und Sergej Korssakow, die für Schlagzeilen sorgt. Medienberichten zufolge zeigten sich die drei Kosmonauten nach dem Andocken an der ISS in gelb-blauen Fluganzügen – die Farben der Ukraine.
Solidaritätsbekundung in der ISS mit der Ukraine oder andere Gründe?
Rund drei Stunden nach ihrem erfolgreichen Start vom russischen Weltraumbahnhof im Baikonur in Kasachstan dockte das rein russische Kosmonautenteam mit ihrem Raumschiff vom Typ Sojus MS-21 an der ISS an, wie Live-Bilder der US-Raumfahrtbehörde Nasa zeigten. Dort trafen sie auf ihre zwei Landsmänner Anton Schkaplerow und Pjotr Dubrow, auf die vier US-Amerikaner Mark Vande Hei, Thomas Marshburn, Raja Chari und Kayla Barron, sowie auf den deutschen Astronauten Matthias Maurer.
Wie der britische "Guardian" berichtet, zeigte sich Artemjew vor dem Andocken in einem selbst aufgenommenen Video in einem gelben Overall mit blauen Aufnähern. Wie auf im Netz kursierenden Fotos zu sehen ist, tragen auch seine beiden Mit-Neuankömmlinge die auffälligen Farben:
Doch, ob die Männer mit der vermeintlich eindeutigen Farbwahl tatsächlich ihre Solidarität mit der Ukraine bekunden wollten, ist fraglich. Nach ihrer sicheren Ankunft, so der "Guardian", sprachen die Kosmonauten mit ihren Familien. Auf die gelben Anzüge angesprochen, habe Artemjew geantwortet: "Wir waren an der Reihe, eine Farbe auszusuchen. Aber wir hatten eine Menge gelbes Material angesammelt, das wir verwenden mussten", sagte er. "Deshalb mussten wir gelb tragen."
Eric Berger, Reporter für den Tech-Blog "Ars Technica" erklärte auf Twitter, dass die Anzüge normalerweise Monate vor Missionsbeginn ausgesucht und verpackt würden. Es sei aber möglich, dass die drei Kosmonauten die gelben Overalls an Bord geschmuggelt hätten. Dem "Business Insider" zufolge merkte Jonathan McDowell, Astronom am Harvard Center for Astrophysics, jedoch an, dass Gelb und Blau auch die Farben der Bauman-Universität in Moskau sind – an denen alle drei Kosmonauten studiert hätten.
Es bleibt folglich unklar, ob Artemjew, Matwejew und Korssakow tatsächlich ein Zeichen aus dem All setzen wollten.
Sanktionen gegen Russland belasten Weltraumprogramm
In der Vergangenheit war anders als diesmal meist ein US-Astronaut oder etwa ein Astronaut der Europäischen Raumfahrtbehörde Esa bei Starts in der Sojus mitgeflogen. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa nutzt seit einiger Zeit wieder US-Raumschiffe zur ISS.
Die wegen des Angriffs auf die Ukraine gegen Moskau verhängten Sanktionen haben auch die Zusammenarbeit zwischen den USA und Russland in der Raumfahrt schwer belastet. Roskosmos hatte deshalb zuletzt die Zukunft der ISS nach Auslaufen des Vertrags 2024 offen gelassen. Die Nasa strebt eine Laufzeit bis 2030 an.
Die am Freitag gestartete Sojus trägt den Namen des sowjetischen Raketenkonstrukteurs Sergej Koroljow, der 1907 in Schytomyr geboren wurde. Die Stadt liegt heute in der Ukraine.
Quellen: "The Guardian"; "Business Insider"; dpa