Bleierne Asche, schwarzer Rauch, erstarrte Leichen – die Bilder aus Mariupol sind in ihrer Grausamkeit kaum zu beschreiben. An die 80 Prozent der Stadt am Schwarzen Meer liegen in Trümmern. In Lazaretten kämpfen Ärzte um das Leben von verstümmelten Kindern. Die Toten werden in Massengräbern beerdigt. Der Stadtgarten hat sich in ein namenloses Gräberfeld verwandelt. 350.000 Einwohner sind in diesem Alptraum gefangen. In ihren Kellern suchen sie Schutz vor dem anhaltenden Beschuss durch die Truppen von Wladimir Putin – während der Kessel um die Stadt immer enger gezogen wird.
Mariupol gleicht einem ausgebrannten Scheiterhaufen. Pro Tag würden "durchschnittlich 50 bis 100 Bomben auf die Stadt abgeworfen", teilte die Stadtverwaltung mit. Nach Behördenangaben starben in Mariupol bereits mehr als 2000 Menschen seit dem Beginn von Russlands Ukraine-Invasion am 24. Februar. "In den Straßen liegen die Leichen vieler toter Zivilisten", sagte die 58-jährige Tamara Kawunenko der Nachrichtenagentur AFP nach ihrer Flucht. "Das ist nicht mehr Mariupol. Das ist die Hölle."
Ukraine: Weltweites Entsetzen über Attacke auf das Theater in Mariupol
Der Angriff auf das Theater, in dessen Schutzkeller hunderte Menschen Zuflucht gesucht hatten, hat in der vergangenen Woche international Empörung ausgelöst. Nach ukrainischen Angaben hatten russische Truppen das Theater am Mittwoch bombardiert, obwohl vor beiden Seiten des Gebäudes gut sichtbar das Wort "Kinder" auf Russisch auf den Boden gemalt war. Der Kreml leugnet jeden Angriff und behauptet, die ukrainischen Streitkräfte hätten das Theater vermint und selbst in die Luft gejagt.
Die russische Armee setzte derweil ihre Offensive in Mariupol fort. Das russische Verteidigungsministerium meldete Kämpfe mit ukrainischen Einheiten im Stadtzentrum. Hilfsorganisationen beschreiben die Lage in der eingekesselten Stadt als katastrophal.
Moskau setzt Offensive auf Mariupol fort
Für die bedrängte Zivilbevölkerung in den Kriegsgebieten der Ukraine sind für Samstag nach Angaben der Kiewer Führung zehn Fluchtkorridore eingerichtet worden. Einer führe aus Mariupol im Süden in Richtung der Stadt Saporischschja, sagte Vizeregierungschefin Irina Wereschtschuk. An der Zwischenstation Berdjansk sollten die Flüchtlinge mit Bussen abgeholt werden, dort würden auch Hilfsgüter übergeben.