John Edwards Ein Moralist geht fremd

Im März stürzte der damalige New Yorker Gouverneur Eliot Spitzer über seine Beziehung zu einem Prostituiertenring. Nun gestand John Edwards, ehemaliger Präsidentschaftsbewerber, eine außereheliche Affäre. Wie konnte dem Moralisten so etwas passieren?

Die Dame, die den Politiker John Edwards erledigt hat, hat eine recht interessante Vergangenheit. Sie wuchs in Florida auf und ging in den Achtziger Jahren nach New York City. Schauspielerin wollte sie damals werden, aber dann landete sie in den aufregenden Clubs der Stadt und machte Karriere als Partygirl. Sie feierte die Nächte durch, gern mit Hilfe wach machender Drogen, und sie hatte eine Affäre mit dem Schriftsteller Jay McInerney, mit dem sie 1987 ein paar Monate ausging. Sie habe ihn zu seinem Buch "Story Of My Life" inspiriert (auf deutsch: "Ich nun wieder"), sagte McInerney später einmal, "es ist aus der Sicht einer auf den ersten Blick ziemlich abgestumpften, durch Kokain verdorbenen und sexuell unersättlichen 20-Jährigen erzählt".

Die Dame, um die es geht, heißt Rielle Hunter, sie ist heute 42 Jahre alt und seit Ende Februar Mutter einer Tochter. Der Vater ihres Kindes soll John Edwards sein, schrieb Mitte dieser Woche das amerikanische Boulevard-Blatt "National Enquirer" und zeigte dazu ein unscharfes Foto, auf dem ein Mann zu sehen ist, der sehr gut John Edwards sein könnte und ein Baby hochhält. Edwards, 55, ist verheiratet, seine Frau Elizabeth ist unheilbar an Krebs erkrankt, die beiden haben drei Kinder. Als der "National Enquirer" im Oktober 2007 erstmals berichtete, Edwards habe eine Affäre mit Rielle Hunter, tat der das noch als "tabloid trash" ab, als Boulevard-Müll. Nun wurde aus dem Müll ein Haufen Wahrheit, denn da gab Edwards dem TV-Sender "ABC" ein Interview.

Edwards sitzt im Wohnzimmer, das Haar gescheitelt, und beichtet

Edwards, das braune Haar akkurat gescheitelt, saß in seinem Wohnzimmer in North Carolina, er trug ein hellblaues Hemd, er sagte: "Vor zwei Jahren habe ich einen sehr ernsten Fehler gemacht." Er habe seiner Frau damals davon erzählt "und sie um Vergebung gebeten. Und ich habe Gott um Vergebung gebeten." Dem Geständnis, eine Affäre mit Rielle Hunter gehabt zu haben, folgte ein Dementi: Er sei nicht der Vater ihres Kindes, sagte Edwards, und das wolle er durch einen Test beweisen. Er schäme sich, sagte Edwards noch, er sei durch seinen Aufstieg als Politiker "egozentrisch und narzisstisch" geworden: "Man glaubt, dass man tun kann, was man will, dass man unbezwingbar ist."

John Edwards hatte sich im Winter noch als demokratischer Präsidentschaftskandidat beworben und im Vorwahlkampf stets Moral und Familienwerte gepredigt. Nachdem er frühzeitig aus dem Rennen ausgeschieden war, war es ruhiger um ihn geworden, aber nun wurde Edwards, ein Rechtsanwalt, als Justizminister unter einem möglichen Präsidenten Barack Obama gehandelt und hin und wieder auch als dessen potenzielle Nummer zwei. Doch all das hat sich mit seiner Beichte wohl erledigt, da waren sich die amerikanischen Medien an diesem Wochenende ziemlich einig; Respekt hatten sie nur für Elizabeth Edwards, die sehr beliebt ist in den USA und auf der liberalen Website www.dailykos.com von einem schrecklichen Fehler ihres Mannes sprach und darüber, dass sie stolz sei auf den Mut, "den John im Angesicht der Schande mit seiner Ehrlichkeit gezeigt hat".

Er hat gelogen, sagt sein einstiger Wahlkampfmanager

Die "New York Times" zitierte Edwards einstigen Wahlkampfmanager David Bonior, der sagte, er sei "sehr enttäuscht" von Edwards: "Unsere Leute haben ihr Vertrauen, ihren Glauben in ihn gesteckt. Und er hat gelogen. Er sollte von der politischen Bühne verschwinden." Der Boulevard sezierte derweil das Leben der Rielle Hunter, die auf aktuellen Bildern ein wenig an Prinz Charles' Gattin Camilla erinnert, als diese noch Mrs. Parker Bowles war: langes, helles Haar, langes, schmales Gesicht. Optisch nicht zwingend eine Sexbombe, die da "bedwards" ging, wie die "New York Post" schreibt: Ins Bett mit John Edwards.

Edwards und Hunter sind sich im Oktober 2006 erstmals begegnet, in der Bar eines New Yorker Hotels, in der sie mit Freunden ein paar Drinks zu sich nahm. Man kann nicht behaupten, dass Rielle Hunter eine erfahrene Filmemacherin war, aber Edwards heuerte sie umgehend für Video-Wahlkampfwerbung an. Bis Ende des Jahres gingen mehr als 100.000 Dollar aus der Wahlkampfkasse an Miss Hunter, dann war die Zusammenarbeit vorbei. Er habe seinen "ernsten Fehler" ja rasch eingesehen und seiner Frau umgehend seine Affäre gebeichtet, sagte Edwards. Auch sagte er, dass der 2004 bei Elizabeth Edwards festgestellte Brustkrebs zum Zeitpunkt seiner sexuellen Beziehung zu Rielle Hunter nachgelassen hatte. Und dass er gehofft habe, die Öffentlichkeit werde nie etwas von seinem Fehltritt erfahren.

Und dann ertappte ihn ein Boulevard-Reporter beim Besuch

Dass er nun doch darüber sprach, könnte an einem nächtlichen Besuch bei Hunter in einem Hotel im Juli liegen, bei dem er von einem Boulevard-Reporter ertappt wurde. Er habe seine einstige Geliebte aber nur aufgesucht, um sie um ihr weiteres Schweigen zu bitten, sagt Edwards nun. Rielle Hunter lebt inzwischen in einer Drei-Millionen-Dollar-Villa in Kalifornien, die Edwards' früherer Wahlkampf-Finanzchef Fred Baron bezahlt hat; er habe sie vor der Presse schützen wollen, sagt Baron; Edwards will von dessen Finanzspritze nichts gewusst haben. In der Geburtsurkunde von Hunters Tochter gibt es keine Angaben zum Vater des Kindes, inzwischen aber behauptet ein Herr namens Andrew Young, er habe es gezeugt. Edwards könnte ihn kennen: Young arbeitete einst in seinem Wahlkampfteam.

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