Friedensnobelpreisträger Al Gore hat sich mit seinem Vorhaben, beim Klimakongress des Energieriesen EnbW aufzutreten, nicht nur Freunde gemacht. Gore soll am Dienstagabend in Berlin seinen Vortrag "Eine unbequeme Wahrheit" über die Gefahren des Klimawandels halten. Millionen Menschen haben die Verfilmung des Vortrags bereits im Kino gesehen.
Umso bizarrer wirken die Beschränkungen, denen sich Journalisten auf Geheiß von Gores Medienagentur unterwerfen sollen. Sie müssen, wenn sie sich akreditieren wollen, ein Formular unterschreiben, das sie dazu verpflichtet, nicht aus dem Vortrag zu zitieren. Andernfalls wird ihnen mit Schadensersatzforderungen gedroht. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes Michael Konken betrachtet dies als ein Eingriff in die Freiheit der Berichterstattung. Gore könne nicht den Vortrag, für den er den Friedensnobelpreis erhielt, gegenüber den Medien zur Geheimsache erklären, heißt es in einer Stellungnahme Konkens.
140.000 Euro für Gores Vortrag
Die Gründe für Gores Maulkorb-Erlass sind bislang ungeklärt. Sprecher des Konzerns sagen, Gore wolle damit sein "Urheberrecht" schützen - lassen aber zugleich durchblicken, dass sie mit dieser Regelung nicht glücklich sind. "Ich kann es Ihnen einfach nicht erklären", stöhnt ein PR-Mann auf wiederholte Nachfrage von stern.de. In den Medien wird spekuliert, dass Gore einer Inflation von Artikeln vorbeugen wolle, um seine Vorträge auch weiter teuer vermarkten zu können. Das Honorar, dass seine Agentur Harry Walker für die EnBW-Rede aufgerufen hat, soll bei 140.000 Euro liegen. Harry Walker hat auch Prominente wie Ex-Kanzler Gerhard Schröder und Ex-Uno-Generalsekretär Kofi Annan unter Vertrag.
Auch der Fakt, dass Gore überhaupt kommt, steht in der Kritik. Hans-Jose Fell, Ernergie-Experte der Grünen, sagte am Dienstag in Berlin, EnBW versuche Gore als "klimapolitisches Feigenblatt" zu nutzen. "In den nächsten Jahren baut EnBW fossile Kraftwerke mti einer Leistung von rund 3000 Megawatt, was neue große Mengen an CO2-Emmissionen bedeutet", sagte Fell. Gleichzeitig beschränke sich die Planung des Konzerns für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien auf 500 Megawatt.
Streitpunkt Atomstrom
Auf dem Klimakongress diskutieren Experten auf Einladung von EnBW über Energiegewinnung und Klimapolitik. Einer der Streitpunkte ist die künftige Rolle der Atomkraft. Der neue EnBW-Vorstandschef Hans-Peter Villius forderte, die Laufzeiten der Meiler zu verlängern. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der den Kongress eröffnet hatte, sagte, darüber werde man noch "streiten" müssen. Die Sozialdemokraten wollen im Gegensatz zur Union am Atomausstieg festhalten.