Heftige Unwetter haben am Pfingstsonntag mindestens zwölf Menschen in Deutschland das Leben gekostet und zahlreiche weitere verletzt. Viele Menschen wurden trotz Warnungen der Wetterdienste von den Stürmen überrascht und von umstürzenden Bäumen und Ästen getroffen. Starkregen überflutete Straßen und Keller. In Berlin wurde das Straßenfest "Karneval der Kulturen" abgebrochen, nachdem ein Gerüst drei Menschen unter sich begraben hatte.
Mädchen in den Tod gerissen
Bei einer Show-Veranstaltung im NATO-Hauptquartier in Mönchengladbach kam am Sonntagnachmittag ein fünf Jahre altes Mädchen ums Leben, das im Sitz eines Fesselballons gesessen hatte. Der mit Helium gefüllte Ballon wurde unter den Augen hilfloser Betreuer vom Wind fortgerissen, trieb 50 Kilometer nordwärts, flog gegen eine Stromleitung und schlug auf den Boden auf. Das Kind eines britischen Soldaten und einer Deutschen wurde etwa 200 Meter von der Ballonhülle entfernt tot auf einer Wiese gefunden. Der Sturm zerfetzte auf dem Fest Zelte und verletzte sechs Menschen, einen davon schwer. Während des Unwetters waren 3000 Gäste auf dem Gelände.
Gleitschirmflieger von Böe erfasst
In Hessen wurde ein 33 Jahre alter Gleitschirmflieger von einer Böe erfasst und getötet. Mindestens vier Menschen wurden durch umstürzende Bäume und Gegenstände erschlagen: Im niedersächsischen Apen kam ein 42 Jahre alter Ordner einer Freiluftveranstaltung unter einer umgeknickten Eiche ums Leben. In Rheinland-Pfalz wurde bei einem Schlossfest nahe Bernkastel ein Musiker von einem Ast erschlagen. Im thüringischen Mühlhausen starb ein Mann am Steuer seines Wagens durch einen herabstürzenden Ast. Ein 65-Jähriger wurde auf Sylt von seinem umgewehten Wohnmobil erschlagen.
Tote bei Gewittergüssen auf Straßen
Mindestens sechs Menschen kamen bei Gewittergüssen auf Straßen ums Leben. Bei Baddeckenstedt in Niedersachsen starben vier Personen, nachdem ein Autofahrer auf die Gegenfahrbahn geraten war. In Thüringen bei Seebach kam die Mitfahrerin eines bei Aquaplaning gestürzten Motorradfahrers ums Leben. Vermutlich wegen eines Platzregens kam in der Nähe von Agethorst (Schleswig-Holstein) ein 22 Jahre alter Mann mit seinem Wagen von der Straße ab und starb.
In Südbayern gingen nach Regenfällen am Pfingstsamstag mehrere Muren ab. Im Raum Lenggries waren die Insassen von fünf Autos zeitweise eingeschlossen.
Dächer abgedeckt
Im Spreewald in Brandenburg versenkte ein umstürzender Baum einen mit zwölf Menschen besetzten Kahn. Fünf Insassen wurden verletzt. Im brandenburgischen Kreis Teltow-Fläming wurde ein Mann von seinem Dach geweht, das er regendicht machen wollte. Auf der Elbe wurde ein Ehepaar vor Brokdorf von ihrer gekenterten Yacht gerettet. Im niedersächsischen Hohenhameln stürzte ein Kran auf eine Zuckerfabrik - Bilanz: 500 000 Euro Schaden. Über Hennstedt im Kreis Dithmarschen (Schleswig-Holstein) fegte eine Windhose hinweg. Mehrere Dächer wurden abgedeckt.
Der Orkan erreichte Spitzengeschwindigkeiten bis zu 133 Stundenkilometern auf der Nordseeinsel Amrum, teilte der Wetterdienst Meteomedia mit. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach fielen örtlich bis zu 40 Liter Regen pro Quadratmeter.
Verkehr lahmgelegt
Der Verkehr kam vielerorts von der einen auf die andere Minute zum Erliegen. Umgestürzte Bäume und Blitze legten unter anderem den Zugverkehr auf der Strecke Dortmund-Hannover lahm. In Duisburg wurden die Stadtautobahn und andere Straßen überflutet. Auch im Raum Hannover mussten Straßen wegen der Wassermassen gesperrt werden. "Die Notrufe kommen im Sekundentakt", sagte ein Sprecher der Polizei in Halle. Insgesamt kamen Sachsen und Sachsen-Anhalt glimpflich davon. In Hamburg rückte die Feuerwehr zu mindestens 50 Einsätzen aus.
Flutwelle riss Kinder mit
Auch in anderen Teilen Europas wüteten Unwetter: In Süditalien ertranken zwei siebenjährigen Jungen in einem reißenden Bach bei Biccari, berichtete die italienische Nachrichtenagentur ANSA. Die Kinder waren am Sonntagabend beim Spielen von einem Unwetter überrascht worden, das einen Bach plötzlich in einen reißenden Strom verwandelt hatte. Eine Flutwelle von drei Metern Höhe habe die beiden mitgerissen.
Nach der gewitterbedingten Abkühlung am Pfingstmontag startet die neue Woche sonnig. Am Dienstagabend kann es nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes im Westen neue Gewitter geben.