Erstmals hat in Deutschland ein Mensch einen anderen Menschen mit dem Schweinegrippe-Virus infiziert. Die Krankheit wurde bei einer 42-jährigen Krankenschwester aus Niederbayern nachgewiesen, die selbst nicht in Mexiko war, wie die bayerische Landesregierung und das Bundesgesundheitsministerium am Freitag mitteilten. Damit erhöhte sich die Zahl der Infizierten auf vier.
Dem Landratsamt Landshut zufolge steckte sich die Krankenschwester offenbar beim Kontakt mit einem 37-jährigen Mexiko-Reisenden an, der in einem Krankenhaus im Landkreis Straubing-Bogen behandelt worden war. Mittlerweile sei die Frau wieder gesund.
Laut Robert-Koch-Institut (RKI) gibt es in Deutschland derzeit zwölf Verdachtsfälle, in fünf weiteren Fällen habe man eine Ansteckung ausschließen können. RKI-Chef Jörg Hacker betonte, die Schweinegrippe nehme in Deutschland bisher einen "influenza-spezifischen bis milden Verlauf". Er rechne aber mit weiteren Ansteckungen.
Sprecher der Gesundheitsbehörden betonten, auch auf den derzeitigen Fall einer Ansteckung von Mensch zu Mensch seien die zuständigen Stellen vorbereitet. Es würden alle Kräfte gebündelt, um Patienten mit dieser Infektion zu helfen und den Infektionsweg zu klären.
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Am Donnerstagabend hatten die EU-Länder im Kampf gegen die Schweinegrippe beraten, auf drastische Maßnahmen wie Reiseverbote jedoch verzichtet. Einen solchen Schritt habe letztlich kein Land in Betracht gezogen, erklärte die tschechische Gesundheitsministerin und Vertreterin der EU-Ratspräsidentschaft, Daniela Filipiova, am Donnerstag nach einem Krisentreffen der EU-Minister in Luxemburg. "Europa ist weltweit am besten vorbereitet, es besteht kein Anlass zur Panik."
Deutschland, Großbritannien, Spanien, Österreich und einige andere Staaten lehnten Frankreichs Vorschlag ab, Flüge nach Mexiko zu untersagen, wo der Virus ausgebrochen war.
Gemeinsamer Medikamenten-Vorrat abgelehnt
Alle EU-Länder rieten jedoch von Reisen in die mittelamerikanische Region ab, betonte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. "Aber wenn jemand sagt, ich möchte trotzdem reisen, hat ein Staat nicht die Macht zu sagen, du darfst das nicht machen." Die EU wolle stattdessen gemeinsame Informationen an den Flughäfen ausgeben. Ärztliche Untersuchungen sollten freiwillig bleiben.
Italien scheiterte mit dem Vorschlag, einen gemeinsamen Vorrat an Medikamenten und Impfstoffen aufzubauen. EU-Gesundheitskommissarin Androulla Vassiliou sagte, die Lagerbestände an Grippe-Medikamenten seien beachtlich. "Wenn die Krise in einem Land eskaliert, werden die Mitgliedstaaten mit größeren Beständen helfen."
Die Kommissarin hatte am Mittwoch ein Treffen mit Vertretern der Pharmaindustrie abgehalten, da die EU die Entwicklung eines Impfserums gegen das Virus H1N1 vorantreiben will. Sie sagte, es sei sicher, dass sich das Virus weltweit weiter ausbreite. Doch dies bedeute nicht, dass es viele Todesopfer fordern müsse. Außerhalb Mexikos seien die Patienten nicht schwer krank und sprächen gut auf die umgehende Behandlung an.
Auch wenn die Zahl der Todesopfer bisher verglichen mit 250.000 Grippetoten weltweit jedes Jahr gering wirke, sei der entschlossene Kampf gegen das Virus wichtig. "Wir müssen verhindern, dass sich viele Menschen anstecken, sonst kann es mutieren und wird noch schlimmer."
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte am Dienstagabend die zweithöchste Warnstufe ausgerufen, der zufolge eine weltweite Ausbreitung unmittelbar bevorstehen könnte.
Außerhalb von Mexiko, dem Ursprungsland der Seuche, sind Übertragungen von Mensch zu Mensch bisher eher selten. Die Regierung dort ordnete eine mehrtägige Schließung aller Unternehmen an, um die Verbreitung des Virus' einzudämmen.