Wassermangel Doñana-Nationalpark in Spanien droht auszutrocknen – schuld daran sind Erdbeeren

Flamingos im Doñana-Nationalpark
Flamingos sind nur eine von Hunderten Vogel-Arten, die im Doñana-Nationalpark leben
© AGAMI/J. van der Neut / Picture Alliance
Der Doñana-Nationalpark im Süden von Spanien ist von riesigen Erdbeer-Plantagen umgeben – und leidet deshalb unter Wassermangel. Denn die Landwirte zapfen dem Naturreservat illegal das Grundwasser ab.

Als "Hotspot der Artenvielfalt" beschreibt Biologe Jordi Figuerola den Doñana-Nationalpark im Süden von Spanien. Das 130.000 Hektar große Areal zeichnet sich durch seine vielfältigen Lebensräume aus: Naturstrand, Sümpfe, Lagunen, Wälder und ­die sogenannten "Marismas". Dabei handelt es sich um zeitweise überschwemmtes Marschland, einen bedeutenden Lebensraum für zahlreiche Tiere.

Weltnaturerbe in Spanien droht auszutrocknen

Neben Fischen, Amphibien und Säugetieren – darunter auch bedrohte Spezies – leben besonders viele Vögel in dem Biosphärenreservat. Mindesten 360 Arten haben Forscher in dem Nationalpark gezählt, zusätzlich stoppen jährlich sechs Millionen Zugvögel auf dem Weg nach Afrika in den "Marismas". Für die Tiere ist das Marschland sowohl Rast- als auch Brutgebiet. Doch schon seit Jahrzehnten droht das Weltnaturerbe auszutrocknen.

Schuld daran sind die Erdbeerplantagen rund um den Nationalpark. Die spanische Provinz Huelva gilt als "Europas Obstgarten", fast die gesamte Ernte wird exportiert. In den vergangenen Jahren habe sich die Anbaufläche sprungartig vervielfacht, berichtet die Naturschutzorganisation WWF. Dabei hätten sich die Plantagen immer mehr in das Gebiet um den Doñana hineingefressen. Etwa 20 Prozent der Anbaugebiete seien laut Felipe Fuentelsaz vom WWF illegal. Geschützte Waldfläche sei gerodet und zu Erdbeerplantagen umgewandelt worden.

"Das ist schlichtweg Diebstahl"

Daraus ist ein noch viel größeres Problem erwachsen: Illegale Wasserentnahmen. Ohne Genehmigung legen die Agrarbetriebe um den Nationalpark Brunnen an, um die Grundwasservorräte anzuzapfen. "Pozos Luneros" heißen die Wasserlöcher auf Spanisch. Offizielle Schätzungen beziffern die illegalen Anlagen auf 500.000 Stück, Naturschützer gehen von der doppelten Menge aus. "Das ist schlichtweg Diebstahl – als würde ich die Stromleitung anzapfen, ohne zu bezahlen", empört sich Biologe Figuerola im Gespräch mit dem "Spektrum".

Zugvögel fliegen über den Doñana-Nationalpark
Für rund sechs Millionen Zugvögel wird der spanische Nationalpark jährlich zum Rastplatz. 
© AGAMI/J. van der Neut / Picture Alliance

Felipe Fuentelsaz schätzt, das mindestens 60 Prozent des Wassers, das früher in den Doñana floss, mittlerweile für wirtschaftliche Zwecke abgezwackt wird. Von 11.000 Hektar Anbauflächen werden laut dem Naturschützer gerade einmal 5.000 Hektar legal bewässert. Der Wasserbedarf der Landwirte für die Felder und Gewächshäuser sei mit der Zeit immens gewachsen. Für eine Schale Erdbeeren sei nach Angaben des "Spektrum" eine Badewanne voll Wasser nötig.

Mehr und mehr Wassermengen werden dem natürlichen System entnommen. Die Folgen für die Natur sind katastrophal. Der Grundwasserspiegel sinkt stetig, "so dass die Tiere ihn nicht mehr erreichen können", erklärt Figuerola. Das Schutzgebiet trocknet schrittweise aus – und das in einer Region, die ohnehin mit Trockenheit und Dürre zu kämpfen hat. In Folge des Klimawandels nehmen Hitzeperioden zu und Niederschläge ab. Die Landwirtschaft verstärkt diese Entwicklung. Und verschlechtert zusätzlich die Wasserqualität. Die Vorräte, die der Natur bleiben, werden durch Pestizide und Plastikmüll verunreinigt.

Spanien macht mit Erdbeeren 400 Millionen Dollar

Die im Doñana beheimateten Tiere leiden massiv. Sie verlieren ihre Lebensräume und Nahrungsgrundlagen. "Viele Arten konnten wir schon über Jahre nicht mehr nachweisen", berichtet der Biologe. Die Marmelente zum Beispiel, die früher als charakteristisch für die Region galt, ist heute vom Aussterben bedroht. Dabei stellte man bereits vor 20 Jahren fest, dass die Wasserressourcen in dem Park übernutzt werden. Auch der WWF beklagt, dass den Behörden das Problem schon lange bewusst sei. Ein Plan für die Flächennutzung sollte das illegale Wirtschaften unterbinden – bisher ohne Erfolg.

Erdbeer-Plantage im Süden von Spanien
Rund um den Nationalpark haben sich im Laufe der Jahre immer mehr Erdbeer-Plantagen angesiedelt
© Bodo Marks / Picture Alliance

Denn das Geschäft ist lukrativ: 400 Millionen Euro nimmt Spanien jedes Jahr mit dem Erdbeer-Export ein. In einem Bericht der "Tagesschau" wehrt sich der zuständige Wasserverband von Sevilla gegen den Vorwurf, zu wenig gegen das Problem zu unternehmen. Man hätte sich mit einigen Landwirten bereits auf alternative Lösungen geeinigt, andere stellen sich jedoch quer. Eine neue Art der Bewässerung würde für viele von ihnen hohe Investitionskosten bedeuten.

Supermärkte schließen sich Rettungsinitiative an

Vergangenes Jahr hat die EU eingegriffen und beim Europäischen Gerichtshof eine Klage wegen unterlassenen Schutzes des Nationalparks eingereicht. Spanien unternehme "keine geeigneten Schritte, um die Verschlechterung von geschützten Lebensräumen in den Feuchtgebieten zu verhindern", hieß es in der Beschwerde. Die Richter gaben der Klage teilweise statt, was der WWF in einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur damals als „historisch“ bezeichnete.

Allerdings sorgt ein Vorhaben der andalusischen Regionalregierung momentan für Empörung bei den Naturschützern. Einem neuen Bericht des WWF zufolge plane die Regierung, 85 Prozent der verbotenerweise bewirtschafteten Fläche zu legalisieren. "Damit droht der Park endgültig zu verdursten", warnt die Naturschutzorganisation in einem Artikel der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ). Inzwischen geht sogar der Lebensmittelhandel auf die Barrikaden. Mehr als 20 europäische Supermarktketten und Großhändler unterstützen eine Initiative zur Rettung des Parks.

Nationalpark in Spanien auch für Menschen von Bedeutung

Aus Deutschland – dem größten Abnehmerland für Erdbeeren aus der südspanischen Region – haben sich die fünf größten Lebensmittelhändler angeschlossen. Aldi Nord und Süd, Edeka, Kaufland, Netto und Rewe fordern, dass die andalusische Regierung die illegale Wasserentnahme stoppen soll. Die Märkte wollen laut "FAZ" in Zukunft sicherstellen, dass die Erdbeeren, die in den Handel kommen, ökologisch verantwortungsvoll angebaut worden sind.

Der Schutz und Erhalt des Doñana-Nationalparks, der als eines der größten und wichtigsten Feuchtgebiete in Europa gilt, ist nicht nur für die Tiere, sondern auch für den Menschen von Bedeutung. Denn Feuchtgebiete regulieren das Klima und verbessern die Luftqualität.

Quellen: Deutsche Presse-Agentur, "Frankfurter Allgemeine Zeitung", "Spektrum", "Tagesschau", WWF (I), WWF (II), WWF (III)

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