Vebeg Die Bundes-Wundertüte

  • von Matthias Lauerer
Was passiert mit den Geräten und Maschinen, die der Bund nicht mehr braucht? Sie werden versteigert - von der "Vebeg", dem Verwertungsunternehmen des Bundes. Wer auf der Suche nach einem alten Hubschrauber, einer Feldküche oder einer Tonne Patronenhülsen ist, ist hier genau richtig.

"Die Vebeg mit ihrem Sitz in Frankfurt verkauft für unterschiedlichste Treugeber auf kommunaler Ebene sowie für Bundesländer und natürliche Bundesbehörden", so sagt es Dr. Johannes Pornschlegel, der Geschäftsführer der Vebeg GmbH, dem Verwertungsunternehmen des Bundes. Und weiter: "Die Verkaufserlöse stärken die Haushalte der jeweils abgebenden Behörden/Institutionen." Von 1951 bis 2007 wurden so bis zum vergangenen Dienstag exakt zwei Milliarden Euro erlöst. Die Waren hatten dabei ein Gesamt-Gewicht von 4,8 Mio. Tonnen. Unter dem Verkauften befanden sich auch 570.000 Fahrzeuge. 1530 Millionen Rechnungen wurden in den 56 Jahren seit Bestehen der VEBEG ausgestellt. Und: Die Waren werden meistens versteigert.

Wer sich Online unter www.vebeg.de anmeldet, kann bei den Auktionen still mit bieten. Wer den Zuschlag erhält, erfährt der Bieter erst nach Ende des Verfahrens und wird dann über den Kauf informiert. Zusätzlich gibt es eine Übersicht unter dem Link "Zuschlagspreise" auf der Vebeg-Seite. stern.de hat sich einmal durch die Bundesschätzchen gewühlt.

Hubschrauber und Flugzeug suchen neuen Besitzer

1. Die Cessna 207 wurde 1969 gebaut und kostete damals 230.000 DM. In der Vebeg-Ausschreibung lobt man die 6 Sitzplätze "mit Nachschalldämpfersystem Gomolzig". Ihr Kennzeichen ist die "D-EOUK". Geprüft wurde die doch schon etwas betagte Maschine zum letzten Mal am 18.04.2007. Wer sich die Cessna kauft, der bekommt Continental Triebwerke mit einer Leistung von 213 kW. Die Maschine wartet im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. Flugbetrieb in Oberpfaffenhofen auf ihren neuen Besitzer. "Ich hatte ein besonderes Ereignis mit der Maschine. Der Generator fiel auf einem Flug von Köln nach Oberpfaffenhofen einfach aus und ich musste landen. Das war wohl vor acht oder neun Jahren", erinnert sich Volkert Harbers, der als Institutsleiter den Flugbetrieb in Oberpfaffenhofen leitet, an seinen Flug mit der alten 38-Jährigen Flug-Lady.

2. Bei der Polizeihubschrauberstaffel Thüringen am Flughafen Erfurt in der Binderslebener Landstr. 100 steht er: Er ist ein Hubschrauber, besser noch ein "MBB BO 105 S, Mod. CBS 5" mit einer in bestem Beamtensprech beschriebenen "Gesamtbetriebszeit" von 6.694:45 Stunden am 30.07. Circa 19.677 Landungen hatte die Maschine Ende Juli hinter sich, die jedoch erst am 31.08.2007 endgültig ausgemustert wurde. Jeder Käufer muss also noch 50 bis 100 weitere Flugstunden zur Zahl vom 30.07 hinzurechnen. Nur am 18. und 19. September 2007, in der Zeit von 8.00 bis 16.00 Uhr, ist eine Besichtigung der 18 Jahre alten Maschine im "Beisein eines Vebeg-Beauftragten" mit "gültigen Personalpapieren" möglich.

Vor 14 Jahren kostete die BO 105 "zwischen drei und vier Millionen DM in der Grundausstattung". Dazu kam jedoch noch die "Sonderausstattung ungefähr in selber Höhe hinzu". So erinnert sich der Flugtechniker Thomas Reinhardt, 39, an die Maschine, die "1999 oder 2000" nach Thüringen kam. Zuvor war sie in Bayern stationiert gewesen. Reinhardt sagt weiter: "Die BO 105 ist immer sehr zuverlässig gewesen." Und deshalb will man bei der Vebeg noch "mehrere Hunderttausend Euro" mit der Versteigerung erzielen. Doch wer kauft sollte wissen, dass ein Satz neuer Rotorblätter fällig wird. Kostenpunkt: 35.000 Euro. Pro Blatt. Danach lässt sich die Maschine wieder bis zu 10 Jahre oder 2500 Flugstunden fliegen.

"Mordsmäßiges Monstrum" and Selbstabholer

3. Spektakulär ist auch das zwölf Jahre alte Raster-Elektronenmikroskop "Amray 1920D" welches sich für "Analytik unter Hochvakuum u. im Niederdruckbereich für ausgasende und/oder nicht leitende Proben" bestens eignet. Verkauft wird das teure Gerät vom LKA Brandenburg. 200.000 Euro hat es damals gekostet. Wer das Gerät kauft, muss das mehrere hundert Kilo schwere Mikroskop in Berlin abholen. Zum Abtransport "muss das Material teilweise zerlegt und über Flure und Treppen verbracht werden". Christiane Nohl, die ihr Alter nicht nennen möchte, ist im Amt für Haus und Beschaffung. Gesehen hat sie das "mordsmäßige Monstrum" noch nicht, wohl aber schon davon gehört: "Soweit ich weiß, musste wegen des Amrays die Decke entweder verstärkt, oder sogar ein eine neue eingezogen werden. Wer auch immer das kauft, der hat Freude beim Abtransport", sagt es und lacht schallend.

4. 15 Jahre alt, aber noch gut genug zum Verkauf ist das "Röntgenmobil MAN-VW 8100 Koffer" mit der "Röntgeneinrichtung Controlix 130130 DO". Damit ließen sich Gepäckstücke "on the road" untersuchen. Denn MAN/VW baute man fast ausschließlich bei MAN. Die LKW-Reihe verkaufte sich in den 13 Jahren der Kooperation zwischen 1979 und Ende 1992 fast 72.000 Mal. Leider fehlt "das Stromaggregat", aber der Kontrollraum kann mit "Heizlüfter" fein aufgeheizt werden. Weiter: "Alters- und Laufleistungsbedingter Verschleiß" ist bei dem Oldie-Fahrzeug mit dem früheren Kennzeichen: FF-1999 kein Wunder. Und: der Wagen fuhr immerhin schon 72.000 Kilometer. Benutzt wurde das Röntgen-Mobil im "Großraum Berlin", wie es der stellvertretende Amtsleiter Wolfgang Paelchen, 51, sagt. Klaus Fischer, der bei MAN als Medienreferent arbeitet, setzt für stern.de alle Hebel in Bewegung, um den ursprünglichen Preis des Mobils zu ermitteln. Doch leider muss er erfahren, dass "das Archiv gerade umzieht. Alle Nutzerbücher sind in Kartons verpackt."

Einmal NVA-Grenzer spielen

5. Der "extrem seltene" Trabbi Kübelwagen P601 kostete in der ehemaligen DDR stolze 12.000 Ostmark. Der Wagen war bis zum Endes des Arbeiter- und Bauernstaates im Einsatz bei den Grenztruppen bzw. der NVA und stammt aus dem Jahr 1985. Er ist fahrbereit und in einem guten Zustand. Heute verspricht sich die Vebeg einen Orientierungspreis von "ca. 2500 bis 3000 Euro" für den Oldie, wie Wolfgang Paelchen, 51, aus dem Berliner Vebeg-Büro schätzt. "Der Wagen ist gerade erst hereingekommen, wird immer wieder von Leuten angefragt und ist sehr, sehr selten." Dann sagt er noch: "In den letzten Jahren wurde er im Großraum Berlin für Veranstaltungen genutzt." Wer also einmal NVA-Grenzer spielen möchte, der legt sich den Wagen zu.

6. Die Feldküche für 250 Teilnehmer, in Edelstahlausführung, integriertem Brat- u. Backzentrum, vier Brennräumen für Petroleum-/Dieselbrenner, zwei integrierten Arbeitsplatten, aufklappbares Wetterdach und mit dem Zweirad-Fahrgestell mit Auflaufbremse und dem ehem. Kennzeichen: Y-322304 steht im Bundeswehr Materialdepot Hesedorf in Bremervörde. Verkauft werden diese Küchen im Schnitt für 4000 Euro, sind "Ausfuhrgenehmigungspflichtig" und haben einen "Fleckentarnanstrich".

Spielautomat aus der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt

7. Der Jahrmarktspielautomat der Pusher Vertriebsgesellschaft (PVR) nannte sich "Mistral". Dargestellt ist er hier ganz wunderbar als "Schiebespiel mit Münzeinwurf (Euro)". Wer hier zuschlägt, bekommt den "internen Spielmarkenkreislauf und zufällige Gewinnausgabe von Warenbezugsmarken" obendrauf. Das Gerät ist "neuwertig und funktionsfähig und entspricht den Voraussetzungen für begünstigte Jahrmarktspielgeräte in Nummer Fünf der Anlage zu § 5a der Spielverordnung." Doch was wollte man damit bei der Berliner Physikalisch-Technischen Bundesanstalt? Aufklärung schafft Reiner Kuschfeldt, 54: "Dies hat etwas mit der Gewerbeordnung und der Spielverordnung zu tun. Wir testen und prüfen diese Geräte auf ihre Funktion." Beim laut Kuschfeldts Aussage mittlerweile "insolventen" Hersteller erfährt stern.de auch den geschätzten damaligen Verkaufspreis: "Der wird wohl so rund 5000 Euro gekostet haben."

8. Die Entwicklungsmaschine "Colenta" wurde zwischen 1987 und 1988 gebaut. 25.000 DM wollte der Hersteller damals für die Entwicklungsmaschine haben, mit der sich komplette Negativ-Filme entwickeln lassen. Im Angebot nun: die "Colenta LC-41-18". Das Gerät lagert in Basdorf und kommt mit Wasseraufbereitung u. div. Zubehör daher. Im Einsatz war die 500 Kilogramm schwere Maschine beim LKA Brandenburg. "Das ist schon so lange her, dass die Maschine produziert wurde", erinnert sich Colenta-Mitarbeiter Jürgen Hengelbrozk, 52, der im Vertrieb arbeitet.

Einige häufiger verkaufte Artikel: Feldküchen aus NATO-Beständen, die laut Vebeg an die 4000 Euro erzielen, oder Fliegerarmbanduhren der Bundeswehr von TAG-Heuer. Erlös hier in der Regel: 1100 Euro. Oder wer schon mal ein extravagantes Geschenk für Weihnachten sucht: eine Tonne Patronenhülsen der Bundeswehr gibt's für 4000 Euro.

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