Sachsens Justizminister Geert Mackenroth (CDU) hat sich bei dem Entführungsopfer Stephanie und ihrer Familie für die Panne im Dresdner Gefängnis entschuldigt. "Ich bedaure persönlich, was geschehen ist", sagte der Minister in einer Erklärung im Landtag. Er verteidigte jedoch das Vorgehen von Vollzugsbeamten und Polizei nach der Kletteraktion von Stephanies Peiniger Mario M. in der Justizvollzugsanstalt. Er könne kein Fehlverhalten der beiden Bediensteten, die Mario M. bewachten, erkennen.
Der 36 Jahre alte vorbestrafte Sexualtäter war am vergangenen Mittwoch bei einem Hofgang entwischt und auf das Dach eines Hafthauses geklettert. Erst nach mehr als 20 Stunden brach er seine provokante Aktion ab und erzwang damit eine Verzögerung des Prozesses. Mario M. steht seit dem 6. November in Dresden vor Gericht und hatte zum Prozessauftakt gestanden, die damals 13-jährige Schülerin Anfang Januar entführt und über Wochen sexuell missbraucht zu haben.
"Entschuldigungen für die Pannen sind zu wenig"
Der Vater Stephanies, der die Rede von der Besuchertribüne des Landtags aus verfolgte, zeigte sich enttäuscht über die Worte des Ministers. Er vermisse nach wie vor konstruktive Vorschläge des Justiz- wie des Innenministeriums, um die Aufarbeitung der Geschehnisse voranzutreiben. "Die Entschuldigungen für die Pannen sind zu wenig."
Auch die Polizei steht wegen Ermittlungspannen in der Kritik. Der Anwalt des Opfers, Thomas Kämmer, wertete es als "positives Signal, dass sich Minister Mackenroth für die Panne der Dachkletterei entschuldigt hat". Allerdings müssten aus dem Vorfall personelle Konsequenzen gezogen werden. Die Landtagsfraktionen erklärten, sie erwarteten auch nach der Rede des Ministers weitere Aufklärung der Justizpanne im Fall Stephanie.
Zweifel zu Lasten des Täters
Der Minister hatte versprochen: "Polizei, Justiz und Vollzug werden alles in ihrer Macht stehende dafür tun, dass Stephanie künftig vor Mario M. keine Angst mehr haben muss." Personelle Konsequenzen kündigte Mackenroth nicht an, berichtete aber von den erfolgten Sicherungsüberprüfungen und -maßnahmen in den Justizvollzugsanstalten Sachsens.
Mackenroth will, dass Sexualstraftäter - ihre andauernde Gefährlichkeit unterstellt - nach der ersten einschlägigen Verurteilung nicht wieder freigelassen werden. Zweifel am Erfolg einer Therapie dürften künftig nicht mehr zu Lasten der Allgemeinheit und der Opfer von Rückfalltaten gehen, sondern allein zu Lasten des Täters.
Befangenheitsantrag gegen Richter
Stephanies Vater verlangte erneut einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der den Fall aufarbeite und kläre. Wenn nötig, müsse es auch personelle Konsequenzen bei "unfähigen Leuten in führenden Positionen" geben, sagte er. In seiner Rede hatte Mackenroth versichert, dass Stephanies Peiniger mit seinen Aktionen "keine Chance" auf Erfolg haben werde. "Mario M. hat versucht und wird weiter versuchen, Verfahren und Vollzug zu stören, er wird sich auffällig verhalten, versuchen, seine Phantasien von Macht auszuleben. Aber all dies wird ihm nichts nützen."
Unterdessen wurde bekannt, dass die Verteidigung im Stephanie-Prozess einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Tom Maciejewski gestellt hat. Der Antrag sei mit der Art und Weise begründet, wie der Angeklagte nach seiner Kletteraktion auf das Dach des Gefängnisses am vergangenen Donnerstag im Gericht vorgeführt worden sei, bestätigte eine Gerichtssprecherin einen Bericht der Tageszeitung "Dresdner Neueste Nachrichten".
Der Angeklagte war in Hand- und Fußfesseln sowie einem Fesselsack über den Händen zur Anklagebank geführt worden. Dabei wurde er von sieben Beamten eines Spezialeinsatzkommandos bewacht.