Ein Richter in Südflorida hat einen 20-jährigen US-Amerikaner dazu aufgefordert, einen 25-seitigen Aufsatz über den Angriff auf einen Schwulen-Nachtclub in Orlando im Jahr 2016 zu schreiben. Der Angeklagte hatte sich zuvor schuldig bekannt, im vergangenen Jahr ein Regenbogen-Straßenbild der LGBTQ-Gemeinde verunstaltet zu haben. Mehrere US-Medien hatten darüber berichtet.
Autokorso zu Trumps Geburtstag
Der junge Mann habe sich im vergangenen Sommer einem Autokorso angeschlossen, um den Geburtstag von Ex-Präsident Donald Trump zu feiern, berichtet die Lokalzeitung "Palm Beach Post". Bei dieser von örtlichen Republikanern organisierten "President Trump Birthday Rally" sei er gemeinsam mit 30 weiteren Teilnehmern durch die Kleinstadt Delray Beach im Süden Floridas gefahren.
Wie die Nachrichtenagentur AP schreibt, sei auf einem Video zu sehen, wie der 20-Jährige im Pick-Up seines Vaters mehrfach und offenbar mit voller Absicht Bremsspuren auf ein auf die Straße gemaltes Regenbogenmuster brannte. Laut Polizeiangaben sei das Straßenbild am Vortag zur Feier des Pride Month enthüllt worden.
Angeklagter bricht vor Gericht in Tränen aus
Kurz darauf, so berichtet die "New York Times", habe sich der 20-Jährige der Polizei gestellt. Im März dieses Jahres habe er sich der Sachbeschädigung und des rücksichtslosen Fahrens schuldig bekannt. Vergangene Woche, so die "Palm Beach Post", sollte Bezirksrichter Scott Suskauer eigentlich das Urteil verkünden. Die Staatsanwaltschaft hätte 30 Tage Gefängnis, gemeinnützige Arbeit und fünf Jahre Bewährung gefordert. Der Präsident der örtlichen Menschenrechtsorganisation, des Palm Beach County Human Rights Council, habe gar auf eine einjährige Haftstrafe gedrängt.
"Ich habe jemanden erwartet, der seinen Mitbürgern gegenüber völlige Respektlosigkeit an den Tag legt. Eine Person, die man als Schläger oder Hinterwäldler bezeichnen könnte.", so Bezirksrichter Suskauer. Stattdessen habe der junge Mann weinend und mit hängendem Kopf auf der Anklagebank gesessen, während sein Vater von dessen Schwierigkeiten in der Schule und fehlenden Freunden erzählte.
Richter: "Ich möchte, dass Sie kurz zusammenfassen, warum die Menschen so hasserfüllt sind"
Angesichts dessen Reue wolle sich Suskauer mehr Zeit nehmen, um eine angemessene Strafe für den Vandalen zu finden. Doch bis zur finalen Urteilsverkündung am 8. Juni hat der Richter dem Angeklagten eine Hausaufgabe aufgetragen. Er soll einen 25-seitigen Aufsatz über die Schießerei im Schwulen-Nachtclub "Pulse" schreiben, bei der ein Bewaffneter 2016 in Orlando 49 Menschen tötete.
"Ich möchte, dass Sie kurz zusammenfassen, warum die Menschen so hasserfüllt sind und warum sie gegen die schwule Gemeinschaft hetzen", sagte Suskauer laut der "Palm Beach Post". Wie die Lokalzeitung weiter berichtet, wolle der Richter den Angeklagten nicht hinter Gitter bringen, nur weil er eine unüberlegte Entscheidung getroffen habe: "Das möchte ich einem jungen Mann, der sein ganzes Leben noch vor sich hat, nicht antun."
Auch der Präsident der lokalen Menschenrechtsgruppe ist laut "New York Times" zufrieden mit dem zugegebenermaßen ungewöhnlichen Vorgehen des Bezirksgerichts: "Ich ging mit der Erwartung hinein, enttäuscht zu sein, und kam beeindruckt heraus", so der Präsident über die Anhörung.
Quellen: "Palm Beach Post"; AP; "New York Times"