Rund eineinhalb Wochen ist Liam Colgan wie vom Erdboden verschluckt, sein Bruder und die Polizeibeamten in Hamburg suchen fieberhaft nach dem 29-jährigen Schotten. Am gestrigen Sonntag sorgte ein Fund am Elbufer für Aufregung: Handelte es sich bei der unbekannten Wasserleiche um Liam - oder um einen während der Arbeit über Bord gegangenen Unbekannten?
"Ich kann bestätigen, dass es sich bei der heute aus der Elbe geborgenen Person nicht um Liam handelt.", sagte sein Bruder, Eamonn Colgan, der "Bild"-Zeitung. Die Polizei Hamburg hielt sich zunächst bedeckt, gibt auf Anfrage des stern nun aber auch Entwarnung: "Die Identität des Toten ist noch nicht eindeutig geklärt, allerdings gehen wir nicht davon aus, dass es sich um Liam Colgan handelt", so ein Polizeisprecher. Demnach habe die gefundene Wasserleiche andere Kleidung getragen, als Colgan zum Zeitpunkt seines Verschwindens, auch die Körpergröße des Vermissten decke sich nicht mit der des Toten - kurz: Es gebe aktuell keine Anhaltspunkte, dass es sich bei der Wasserleiche um den Schotten handelt.
Buxtehude, eine leise Hoffnung
Die Suche nach dem auf der Hamburger Reeperbahn spurlos verschwundenen 29-Jährigen dauert damit weiter an. Vor diesem Hintergrund eine gute Nachricht - doch fehle der Polizei eine heiße Spur, so ein Polizeisprecher.
Dabei erhielt die Hoffnung am vergangenen Mittwoch neue Nahrung. Eine Bäckereiverkäuferin will Liam Colgan in ihrem Laden erkannt haben – in der Innenstadt von Buxtehude, rund 20 Kilometer vom Hamburger Stadtteil St. Pauli entfernt, auf der anderen Seite der Elbe. "Auch andere Zeugen geben an, den Schotten in Buxtehude gesehen zu haben", sagte eine Sprecherin der Polizei dem stern. Die alarmierten Beamten setzte einen sogenannten Mantrailer-Hund ein, einen speziell ausgebildeten Personenspürhund, der anhand einer Geruchsprobe die Fährte des Vermissten bis zum Bahnhof der 40.000-Einwohner Stadt im Norden Niedersachsens verfolgte.
Seitdem habe die Polizei Hamburg rund 30 Hinweise von mutmaßlichen Augenzeugen bekommen, so ein Polizeisprecher. So soll Colgan auch am Donnterstag in Buxtehude gesichtet worden sein, auf dem Parkplatz eines Supermarktes. Doch: Der erneute Einsatz eines Maintrailer-Hundes fiel negativ aus. Die Polizei Hamburg erhoffe sich nun durch die Aufzeichnungen von Überwachungskameras neue Hinweise zum Verbleib des 29-Jährigen. Eine Kamera zeichnete auf dem Hamburger Kiez bereits in der Nacht des Verschwindens eine Person auf, die dem Vermissten zumindest ähnlich war. Auch im Stadtteil St. Pauli, nördlich der Reeperbahn, schlug ein Mantrailer-Hund kurz an. Die Ermittler aus Hamburg widmen zur Zeit daher besonders den Spuren in Buxtehude und dem Kiez größere Aufmerksamkeit.
Hamburg sucht nach Liam Colgan
Die quälende Ungewissheit der Angehörigen und Freunde über das Schicksal von Liam Colgan bleibt allerdings. Vor eineinhalb Wochen feierten sie gemeinsam mit seinem Bruder Eamonn dessen Junggesellenabschied in Hamburg. Die Kneipentour endete im "Hamborger Veermaster" auf der Reeperbahn. Gegen 1.30 Uhr in der Nacht zu Samstag verließ der alkoholisierte Liam Colgan das Lokal ohne seine Freunde. Seither ist er verschwunden.
Noch in der Nacht begann die Gruppe nach dem 29-Jährigen zu suchen, kurz darauf schalteten sie die Hamburger Polizei ein. Die Spur des Schotten Liam Colgan verliert sich im Hamburger Stadtteil St. Pauli. Bruder Eamonn, von Beruf selbst Polizist, kehrte nach kurzem Aufenthalt in der schottischen Heimat in die Hansestadt zurück, will die Suche unterstützen. Inzwischen hängten er und freiwillige Helfer in der Hamburger Innenstadt hunderte Suchplakate mit einem Foto des Vermissten auf, die Polizei startete eine Öffentlichkeitsfahndung.Eamonn Colgan will so viele Menschen wie möglich erreichen, gibt Interviews. Dabei wirkt er äußerlich gefasst, ist aber sehr besorgt, die Stimme ist brüchig: "Wir haben keinen Grund anzunehmen, dass Liam freiwillig abgehauen ist. Er steht uns allen sehr nah." Die Hoffnung, seinen Bruder wiederzufinden, gibt er nicht auf. Er will in der Hansestadt bleiben, bis sein Bruder gefunden ist. "Wir haben keinen Rückflug gebucht", sagte er dem "Hamburger Abendblatt".

Als Liam Colgan in der Nacht zu Samstag gegen 1.30 Uhr spurlos verschwand, trug er eine blaue Jeans, eine braune Jacke und einen Strohhut. Der Vermisste wird als schlank, 1,80 bis 1,85 Meter groß beschrieben und hat rötliche, kurz rasierte Haare sowie einen Dreitagebart. Die Polizei nimmt Hinweise unter der Telefonnummer (040) 428656789 entgegen.
