Herr Cerne, wie kam der Fall des in Portugal verschwundenen Kindes Madeleine aus England in die Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst"?
Wir hatten schon öfters daran gedacht, darüber zu berichten. XY kommt aber erst zum Einsatz, wenn das aus kriminalistischer Sicht sinnvoll ist. Im Zuge der jetzigen neuen Ermittlungen hat uns Scotland Yard gebeten, den Fall Madeleine in die Sendung zu nehmen. Über einen Ermittler kamen wir in Kontakt zu den Eltern.
Ist das für Sie, der ständig mit Mord, Totschlag und vermissten Menschen zu tun hat, ein besonderer Fall?
Ja, absolut. Ich bin, wie die meisten anderen Menschen auch, nicht an diesem Fall vorbei gekommen. Die unglaubliche Verzweiflung, in der die Eltern von Madeleine leben, berührt mich schon sehr.
Wie haben Sie sich auf diesen spektakulären Fall vorbereitet?
Lesen, lesen, lesen. Alle Details. Ende September bin ich dann nach England geflogen, um Kate und Gerry McCann, die Eltern, kennenzulernen.
Was geschah bei diesem Treffen?
Wir trafen uns in einem kleinen, Landhotel und haben über wirklich alles gesprochen. Über Madeleine, über das Leben, das die Eltern heute führen, aber auch über meine Karriere als Sportler.
Wie erlebten Sie die Eltern?
Das sind zwei sehr beeindruckende, höfliche Menschen, die sich gegenseitig stützen und die sehr sicher auftreten im Gespräch. Auf mich wirkt der Vater von Madeleine gefasster als seine Frau Kate, obwohl er natürlich auch sehr an dem Verlust des Kindes leidet.
Wie haben sich die Eltern auf die Sendung vorbereitet?
Wir haben uns etwa eine Stunde vor der Sendung im Studio getroffen, um den Ablauf zu besprechen, auch die Fragen, die ich den Eltern in der Sendung stellen wollte.
Wie erlebten Sie die Sendung?
Bei aller Professionalität: Ich war unruhig, aufgewühlt. Zu sehen, wie Kate McCann nach der Hand ihres Mannes greift, während sie das kleine Mädchen sieht, das Madeleine in unserem Film spielt. Das Leid dieser Menschen konnte man im Studio hautnah spüren.
Was passierte danach?
Wie haben uns nach der Sendung noch einmal kurz unterhalten. Die Eltern Madeleines sind dann in ihr Hotel gefahren und am nächsten Tag gleich abgeflogen.
Sie haben doch bei Ihren Recherchen sicher auch gelesen, dass die Eltern selbst von den portugiesischen Behörden eine Zeit lang als verdächtig galten. War das in ihrem Hinterkopf?
Dieser Verdacht ist doch längst offiziell ausgeräumt. Aus meiner Sicht widerspricht er auch dem gesunden Menschenverstand. Hätten die Eltern auch nur den Hauch einer Schuld, würden sie doch nicht immer noch so verzweifelt nach ihrem Kind suchen. Sie geben nicht auf.
Glauben Sie, den McCanns mit Ihrer Sendung geholfen zu haben?
Das kann ich noch nicht sagen. Es kamen rund 500 Anrufe, die direkt übersetzt und an Scotland Yard weitergegeben werden. Wir müssen abwarten, was die Hinweise ergeben. Es kamen aber auch Anrufe, in denen Menschen den Eltern nur sagen wollten, wie leid Ihnen das mit Madeleine tut und wie sehr sie mit den Eltern hoffen, dass sie Madeleine doch noch wiederfinden. Das sind Anrufe, die den Ermittlern zwar nicht weiterhelfen. Aber sie tun gut.