Anschlag in Kalifornien Wer waren die Attentäter von San Bernardino?

Sie töteten 14 Menschen, bevor sie selbst von der Polizei erschossen wurden: Syed Farook und Tashfeen Malik, die Todesschützen von San Bernardino haben nach Angaben ihrer Familie ein unauffälliges Leben geführt. Über ihre Verbindung zum IS wird wild spekuliert.

Das Attentäter-Ehepaar, das im US-Bundesstaat Kalifornien am Mittwoch 14 Menschen tötete, hat nach Angaben der Anwälte ihrer Familie ein unauffälliges Leben geführt. Syed Farook und Tashfeen Malik hätten mit ihrer kleinen Tochter und Farooks Mutter ruhig und zurückgezogen in einem Haus gelebt, sagte der Anwalt David Chesley bei einer Pressekonferenz. "Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die mutmaßlichen Schützen zu einer größeren Organisation oder einer Terrorzelle gehören." 

Die US-Bundespolizei FBI habe am Donnerstag Verwandte des Paares vier Stunden lang verhört, um nach Verbindungen zu Extremistengruppen zu suchen. "Wenn es irgendetwas Bemerkenswertes an dieser Befragung von gestern gibt, dann, dass zur Enttäuschung des FBI keine Verbindungen (zu Extremistengruppen) hergestellt werden konnten", sagte Chesley. Das FBI hatte am Freitag die Schießerei als "Terrorakt" eingestuft und zugleich mitgeteilt, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass die Attentäter zu einer größeren Gruppe gehörten. 

Das Ehepaar lebte zurückgezogen

Die aus Pakistan stammende Malik, die Farook 2013 in einer Internet-Partnerbörse kennenlernte und im folgenden Jahr in Saudi-Arabien heiratete, sei traditionell und strenggläubig gewesen, sagte Chesley. "Wir haben sehr wenige Informationen über sie." Der Anwalt beschrieb die 27-Jährige als "typische Hausfrau". 

Sein Kollege Mohammad Abuershaid sagte, wenige Menschen hätten Kontakt zu Malik gehabt. "Nur die Frauen (aus der Familie) sprachen mit ihr, Farook wollte nicht, dass jemand anderes mit ihr spricht" sagte er. Wenn Verwandte zu Besuch kamen, saßen Frauen und Männer in getrennten Räumen, wie Abuershaid weiter sagte. "Das ist ein sehr traditionelles Verhalten. Die Männer haben also nichts mit ihr zu tun gehabt." Die Männer aus der Familie hätten nie Maliks Gesicht gesehen, weil sie einen Gesichtsschleier trug.

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Nach Medienberichten soll Malik dem IS mit Beginn der Attacke in einem Facebook-Beitrag die Gefolgschaft versprochen haben. Einem Facebook-Sprecher zufolge sei das entsprechende Profil mit dem Eintrag inzwischen entfernt worden, berichtete die "Los Angeles Times". 

Chesley warnte unterdessen vor "voreiligen Rückschlüssen" auf die Hintergründe des Massakers. Die Motive der Schützen seien derzeit "sehr unklar", sagte der Anwalt. Es könnte sich um einen Streit am Arbeitsplatz handeln. Nach Angaben der Familie habe Farook erzählt, er sei wegen seines langen Bartes von Kollegen gehänselt worden.

Nach Angaben der Anwälte wusste die Familie, dass Farook Waffen besaß, dachte sich aber nichts dabei. "Ich als Waffenbesitzer habe selbst zwischen 4000 und 5000 Schuss Munition zu Hause", sagte Chesley. "Der Grund, warum wir sie in Massen kaufen, ist, dass es dann billiger ist." 

Der 28-jährige Farook, ein pakistanischstämmiger US-Bürger, hatte am Mittwoch gemeinsam mit seiner Ehefrau die Weihnachtsfeier seines städtischen Arbeitgebers in San Bernardino bei Los Angeles gestürmt. Das Paar erschoss 14 Menschen und verletzte 21 weitere, bevor es von der Polizei erschossen wurde.

"Gute-Nacht-Geschichten aus dem Koran"

Wie die beiden wohnten, ist mittlerweile auch für jedermann anzusehen: Am Freitag ließ der Vermieter der beiden von der Polizei getöteten Täter die Medien ins Haus. Haarklein nahmen die Fernsehkameras alles ins Visier, was sie vorfinden konnten. Teddybären im Kinderzimmer, ein Buch mit dem Titel "Gute-Nacht-Geschichten aus dem Koran". Auf dem Bett im Schlafzimmer sind Personalausweise, Einkaufskarten, Papiere ausgebreitet. Draußen vor der Tür warten die FBI-Ermittler in ihren kurzärmeligen, blauen T-Shirts in fröhlicher Stimmung.

Warum hatte das FBI so viele Beweismittel liegen lassen? Bilder von Familienangehörigen, Freunden, möglichen Komplizen. Warum sollte die Privatsphäre der Angreifer so spektakulär in die Wohnzimmer der USA übertragen werden?

Während Überlebende, die Angehörigen der Todesopfer und die Bürger von San Bernardino in tiefer Trauer versuchen, das Geschehene zu verarbeiten, steckt in der Aufarbeitung der Gewalttat auch jede Menge politisches Kalkül. US-Präsident Barack Obama war der erste, der wieder einmal schärfere Waffengesetze forderte und die Republikaner im Kongress bezichtigte, genau dies zu verhindern.

Die Republikaner ihrerseits versuchen alles, die Schüsse von San Bernardino als ersten Terrorakt des IS auf US-Boden darzustellen. Das würde ihrer Forderung nach Abweisung syrischer Flüchtlinge und einer härteren Linie im Krieg gegen den Terror entgegenkommen. Anscheinend war die Todesschützin auf der Grundlage eines sogenannten Verlobten-Visums seit 2014 in den USA. Das bedeutet, dass sie durch eine der härtesten Überprüfungen gegangen sein muss, die die US-Grenzbehörden aufzubieten haben.

Präsidentschaftsbewerber Donald Trump, der als Polit-Haudrauf die strikteste Linie gegen Terror aller US-Politiker vertritt, baute seine Führung in Umfragen umgehend aus. Leute wie er wollen die Tür für Migranten aus bestimmten Ländern komplett schließen.

Wissenschaftler wie Brian Levin stützen die These. Der IS vertrete in Europa die Strategie, Terrorkämpfer in Camps auszubilden und sie dann zurückschicken. In den USA würden sie über das Internet angelernt und inspiriert, Anschläge vor der Haustür zu verüben.

"Schwer, gegen einsame Wölfe vorzugehen"

Andere sind vorsichtiger, sprechen von Selbstradikalisierung. Das Ehepaar könnte wie ein "einsamer Wolf", ohne Anbindung an eine aktive Terrorzelle gehandelt haben. Auch Obamas Sprecher Josh Earnest musste eingestehen, dass dies vielleicht die schwierigste Herausforderung ist. "Der Präsident hat wiederholt deutlich gemacht, wie schwer es ist, wirksam gegen Einsame Wölfe vorzugehen."

DPA/AFP/lea

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