Chicago, 1924. Es bleibt ein Rätsel, ob das, was sich am Nachmittag des 21. Mai ereignete, tatsächlich den Keim der Perfektion in sich trug. Oder eher den Aberwitz vermeintlicher Unfehlbarkeit, gespeist aus scharfem Intellekt und Schriften von Philosophen, Friedrich Nietzsche vorneweg. Ob es die pure Lust an der Tat war, eine sportive Freude am Kill und Thrill, am „Thrill Kill“. Ob es Abenteuer war, ein Experiment, Irrsinn sowieso. Oder ob all das zusammenkam, toxische Mixtur, und es fatal kulminierte.
Was sich zutrug an jenem Tag, veränderte jedenfalls die Stadt, das Land, die Justiz.
Ein Jahrhundertfall.
Und kein Zufall, dass er in Chicago geschah, der amerikanischsten aller Metropolen, Windy City am Lake Michigan. Verrückte, brutale, reiche, arme und gerade in diesen Jahren ausschweifende Stadt, die nach dem Krieg Wohlstandsspeck ansetzte. In Chicago ist Geld, Chicago blüht, und selbstverständlich blüht damit auch das organisierte Verbrechen. Al Capone ist aus New York nach Chicago umgesiedelt. Gangster werden zerschossen vor Krankenhäusern abgelegt, die Polizei verzeichnet in den ersten sechs Monaten des Jahres 177 Morde in der Stadt, im Schnitt fast einen pro Tag.
Das ist Chicago im Frühjahr 1924.