Es war kalt, und es regnete. Das Wetter führte mich in Lübeck ins Museum. Plötzlich stand ich vor diesem Gemälde. Ein Friedhof. In der Mitte ein Grabmal aus hellem Stein. Schräg davor eine frisch ausgehobene Grube. Ein Spaten steckt noch in der Erde, ein zweiter liegt daneben. Hinter dem Grab ragen Kreuze schief aus dem Boden. Es ist ein Bild von Caspar David Friedrich, dem berühmtesten Maler der deutschen Romantik. Der Titel: „Kügelgens Grab“.
Das Bild rührte mich auf eine Weise, die ich schwer beschreiben kann. Es strahlt eine eigentümliche Traurigkeit aus, doch hinter den grauen Friedhofsmauern wird es hell. Eine Mischung aus Gelb, Orange und Lila bringt den Horizont zum Leuchten. „Im Mittelpunkt des Gemäldes steht der helle Grabstein, der nach Entwurf Caspar David Friedrichs auf dem katholischen Friedhof in Dresden für den Maler Gerhard von Kügelgen (1772–1820) errichtet wurde, der am 27. März 1820 einem Mord zum Opfer gefallen war“, erklärt das Schild. „Friedrich vollendete das Gemälde 1822 für die Witwe des Freundes, die Dresden nach dem Tod ihres Mannes verließ. Das Grab befindet sich bis heute am ursprünglichen Ort.“

Schräg gegenüber ist ein Zitat von Caspar David Friedrich an die Wand gepinselt: „Schließe dein leibliches Auge, damit du mit dem geistigen zuerst siehest dein Bild. Dann fördere zutage, was du im Dunkel gesehen, dass es zurückwirke auf andere von außen nach innen.“
Der Maler hat vor fast 200 Jahren eine Szene so festgehalten, dass wir seine Trauer noch heute nachempfinden können. Was ist die Geschichte dahinter? Wer war Gerhard von Kügelgen? Warum starb er? Wer war sein Mörder?