Crime Story Faking Schiller

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  • von Teja Fiedler
Collage einer Handschrift von Friedrich Schiller
© Klassik Stiftung Weimar | Carl Wilhelm Friedrich Oesterley
50 Jahre nach dem Tod des großen Dichters tauchen Hunderte mit „Schiller“ signierte Notizen und Manuskripte auf. Sie finden reißenden Absatz

Es war keine Allerwelts-Gaunerei, die da im Februar 1856 vor dem Kreisgericht Weimar verhandelt wurde. Es war ein Angriff auf die deutsche Seele. „Dieser Betrug hat sich zum Frevel gegen die öffentliche Ehre Weimars gestaltet und zum Frevel gegen das Andenken des edelsten und geliebtesten Dichters der deutschen Nation, da der Täter sich nicht entblödet hat, Machwerke der liederlichsten Art für Originalprodukte Schillers auszugeben.“

Selbst durch den Prozessbericht des sonst so nüchternen Juristen Dr. Anton Vollert schwingt Empörung. Hatten die Deutschen doch gerade ein Jahr zuvor den 50. Todestag des „Dichterfürsten“ Friedrich Schiller groß gefeiert. Namhafte Antiquitätenhäuser boten seine Manuskripte sogar als „Reliquien“ der deutschen Literatur an. Und jetzt stand da ein Mann vor Gericht, der aus nichts als schnöder Gewinnsucht ihr Idol Schiller durch seine Fälschungen hundertfach beschmutzt hatte. Angewidert urteilt Vollert über den Auftritt des 41-jährigen Angeklagten Heinrich Carl Jacob von Gerstenbergk: „Die zuversichtliche Keckheit, die geläufige Geschwätzigkeit seiner Schutzreden lassen schließen, dass es ihm gar nicht unerwartet kommt, als Fälscher und Betrüger unter Anklage zu stehen.“

Erschienen in stern Crime 48/2023