2007
An diesem Septemberabend ist Rudy Kurniawan ganz sicher, dass es Bacchus gut mit ihm meint. Das Luxusrestaurant „Mélisse“ in Santa Monica ist rappelvoll mit seinen Gästen. Zu ihrem 60. Geburtstag will er seiner Mutter zeigen, wie weit es ihr Sohn in Kalifornien gebracht hat. Natürlich ist sie ohnehin stolz, dass er als Einwandererkind einen Uni-Abschluss in Rechnungswesen erlangte, sie registriert auch zufrieden, dass er sich teure Kleidung leisten kann – aber so eine Feier nur für sie…
Leider hat seine Mama in den zehn Jahren, seit sie aus Indonesien hierherkamen, nicht viele Menschen kennengelernt – da hat er halt seine Freunde eingeladen. Steinreich die meisten, erfolgreiche Anwälte, knallharte Unternehmensgründer, auch Filmstars sind dabei – auf Jackie Chan hatte er sich ganz besonders gefreut. Das „Mélisse“ bietet klassisch französisches Essen an, viel Trüffel, viel Kaviar, dicke Scheiben Foie gras – der kulinarische Dreiklang der besonders Wohlhabenden. Die Weinkarte ist berühmt: 20 Seiten lang, man findet französische Weine für mehrere Tausend Dollar – ein reichliches Angebot, sollte man meinen. Nicht groß genug für Kurniawan. Die Auswahl ist für ihn Ehrensache, immerhin gilt der 31-Jährige seinen Freunden als ein Mann, der im Monat für eine Million Dollar edle Tropfen erwirbt. Und sie auch unter die Leute bringt: Erst kürzlich hat er auf Auktionen höchst seltene Flaschen für mehr als 35 Millionen Dollar verkauft. Meist aus Frankreich, aus dem Bordeaux oder dem Burgund. Und nur von den besten Gütern: Mouton Rothschild. Petrus. Romanée-Conti. Nur jene Jahrgänge, nach denen vermögende Sammler mitunter verzweifelt suchen: vom Mouton den 1945er – Kostenpunkt etwa 12000 Dollar die Normalflasche. Vom Petrus den 61er – bis zu 15000 Dollar. 1978 Romanée-Conti – etwa 14000 Dollar. Im „Mélisse“ gibt es derlei Getränke heute frei Haus, viele Weine kommen in Magnum-Flaschen, Doppelmagnums, Jeroboams, in teuren Großflaschen also, die so selten sind wie Schneefall im Mai. Kurniawan hat alles von zu Hause herangekarrt, eine sehr, sehr teure Fracht. Egal. Dafür steht der Hollywoodstar Jackie Chan frühmorgens auf einem Stuhl, in seiner Hand eine Riesenflasche Petrus, eine Jeroboam mit drei Liter Inhalt, und krakeelt: „Rudy, you are the best!“ Kurniawan schläft in dieser Restnacht wohl sehr gut.