Crime Story Die Kinder des Teufels

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  • von Claudio Rizzello
Chiavenna ist eine Stadt der Nonnen und Gläubigen. Doch nicht alle, die hier geboren werden, sehnen sich nach dem gleichen Herrn
Kette mit einem Kreuz über dem Ornat einer Nonne
© Mattia Balsamini/stern Crime

Als Teresina Elsa Mainetti im Jahr 1939 in Colico am Comer See geboren wurde, lag alles nah beieinander, Frieden und Krieg, das Leben und der Tod.

Ihre Eltern waren aus einem Bergdorf ins Tal gezogen, weil sie dachten, dort könnte vieles einfacher sein. Sie kauften Land, bauten ein Haus mit vier Zimmern und einen Stall für zwei Kühe und ein paar Kälber. Sie bekamen Kinder, nicht alle überlebten. Vor ihrem Haus der blaue See und dahinter die dunklen Berge.

Dann brach der Krieg aus, und einen Tag später starb die Mutter, Marcellina Gusmeroli, mit 31 Jahren. Die Ärzte hatten sie gewarnt, noch eine Geburt würde sie vielleicht nicht überleben. Teresina war ihr zehntes Kind. Klein und krank lag es da, als würde es jeden Moment aufhören zu atmen.

„Warum hat der Herr mir Marcellina genommen?“, soll der Vater Stefano Mainetti gesagt haben. „Hätte er nicht dieses Neugeborene nehmen können?“

„Sag so etwas nicht“, entgegnete die Hebamme. „Vertraue dem Herrn.“

Und der Vater vertraute. So steht es in einem der vielen Bücher, die später über das Leben seiner Tochter Teresina Elsa Mainetti geschrieben werden sollten.

Erschienen in stern Crime 50/2023