Zivilcourage-Opfer in Hamburg So sollte man sich in Gewaltsituationen verhalten

Erst Tuğçe Albayrak, nun ein 22-Jähriger in Hamburg: Immer wieder bezahlen mutige Menschen ihren Einsatz für andere mit dem Leben. Zivilcourage zu zeigen, ist wichtig. Allerdings nicht zu jedem Preis.

Samstagnacht, Hamburg-Billstedt. Ein lautstarker Streit zwischen einem Mann und einer Frau erregt die Aufmerksamkeit eines jungen Mannes. Der 22-Jährige will der Frau zu Hilfe kommen, den Streit schlichten, doch er zahlt mit seinem Leben: Der Angreifer sticht mit einem spitzen Gegenstand zu, der Helfer stirbt noch am Tatort. Auch in Berlin kommt zwei Männern ihre Hilfsbereitschaft teuer zu stehen: Ein Polizist in Zivil und sein Bruder wollen ebenfalls einer Frau helfen. Sie werden brutal zusammengeschlagen.

Aktion "Tu was"

Auf der Webseite www.aktion-tu-was.de gibt die Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes ausführliche Informationen zum Thema Zivilcourage. Dort finden sich auch Verhaltenstipps für den Ernstfall.

Fälle von Zivilcourage mit fatalen Folgen. Sie erinnern an den Fall der Offenbacher Studentin Tuğçe Albayrak, der bundesweit wochenlang für Aufsehen sorgte. Haben all' diese Personen falsch gehandelt, weil sie sich selbst in Gefahr gebracht haben statt wegzuschauen? Nein, konstatierte Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, schon nach dem Fall Tuğçe gegenüber dem stern. Im Grundsatz haben sich die Menschen richtig verhalten, denn sie wollten helfen. "Das ist der richtige Weg", so Malchow. Viel zu viele schauen - wohl eher aus Angst als aus Gleichgültigkeit - jedoch lieber weg. Das, so Malchow, sei ein großes Problem. Andererseits sei nicht von der Hand zu weisen, dass man sich durch seine Eigeninitiative selber gefährden könne.

Die Polizei hat daher Grundsätze aufgestellt, wie man sich in Gewaltsituationen am besten verhält:

Helfen - aber ohne sich selbst in Gefahr zu bringen.

Generell gilt: Greifen Sie ein, wenn jemand Hilfe braucht. Dabei sollten Sie Ruhe bewahren und versuchen, das Risiko zunächst einmal richtig einschätzen. Man müsse sich selbst fragen, wozu man, auch körperlich, in der Lage ist, sagt Oliver Malchow. Es gehe nicht darum, helfenhaft zu wirken. Dazu gehört auch, dass man versucht, körperliche Auseinandersetzungen auf jeden Fall zu vermeiden.

Andere direkt ansprechen und zur Mithilfe auffordern.

Oft erlebt man, wie Menschen in Notsituationen anderer nur herumstehen und gucken, anstatt zu helfen. "Viele wollen helfen, aber brauchen einen Anstoß dafür", sagt Oliver Malchow. Sprechen Sie Umstehende deshalb gezielt an und bewegen Sie sie zum Eingreifen. Zum Beispiel: "Sie, in der blauen Jacke, holen Sie Hilfe!"

Die Polizei anrufen!

Zögern Sie in Gewaltsituationen nicht, sondern alarmieren Sie den Notruf. "Stellen Sie sich nicht die Frage, ob das berechtigt ist, oder nicht", sagt Malchow. Die Polizei werde häufig zu Einsätzen gerufen, die sich am Ende nicht als Notfall herausstellten. In dem Fall muss der Anrufer keine negativen Konsequenzen fürchten. Wenn Sie die 110 wählen, erklären Sie genau, was passiert ist und wo Sie sich befinden. Lassen Sie Täter und Opfer wissen, dass professionelle Hilfe unterwegs ist.

Seien Sie Zeuge des Geschehens.

Seien Sie aufmerksam. Wenn der Täter geflüchtet ist: Wie sah er aus und in welche Richtung ist er gelaufen? Merken Sie sich, was passiert ist, damit Sie später genaue Angaben zum Tathergang machen können. Bleiben Sie am Tatort, bis die Polizei eintrifft. Sollten Sie Zeitdruck haben, hinterlassen Sie Ihren Namen und Ihre Telefonnummer.

dho/kis

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