Nach Suche in Brandenburg Wildschwein statt Löwin: Was Experten so sicher macht

Michael Grubert, Bürgermeister von Kleinmachnow, bei einem Pressegespräch
Michael Grubert, Bürgermeister von Kleinmachnow, erklärt bei einem Pressegespräch, weshalb es sich bei dem gesuchten Raubtier um keine Löwin handelt.
© Paul Zinken / DPA
Sehen Sie im Video:  Warum die vermeintliche Löwin im Großraum Berlin keine ist – Polizei stellt Suche ein.




Bei der Suche nach einer vermeintlichen Löwin in Brandenburg und Berlin hat es am Freitag eine überraschende Wende gegeben. Am Vormittag waren noch Polizisten und Spezialisten auf der Suche, dann hieß es auf einmal: Vermutlich hat es die angeblich gesichtete Löwin nie gegeben. Fachleute gingen mittlerweile davon aus, dass es sich bei den Video-Aufnahmen, die den Einsatz ausgelöst hatten, vermutlich um ein Wildschwein handele. Der Bürgermeister von Kleinmachnow Michael Grubert, zeigte entsprechende Fotos, die das nahelegen. "Es gibt keine aktute Gefährdungslage. Wir haben in Rücksprache mit der Polizei uns entschlossen, die Polizei hat uns zugesichert, sie ist aufmerksam. Sie wäre auch in der Lage, jederzeit bei einer neu geänderten Situation wieder die Maßnahme aufzufahren. Auch Personen zur Verfügung zu stellen, Polizeibeamte, Bereitschaftspolizei, die dann wieder Maßnahmen aufnehmen können. Aber augenblicklich ist es so, wir werden auf das normale, aufmerksame Programm zurückgehen. Und wir glauben, dass es keine akute Gefährdungslage für Kleinmachnow gibt und auch nicht für den Berliner Süden." Grubert verteidigte die grroßangelegte Suche nach einer mutmaßlichen Löwin. "Die Gefährdungslage sei so gewesen, dass der Einsatz der Polizei gerechtferigt gewesen sei. Rund 200 Polizisten aus Berlin und Brandenburg waren auch am Freitag noch auf Löwensuche gewesen. Verschiedene Hinweise auf die Sichtung der Raubkatze hatten sich nicht bestätigt. Der Fall hatte auch über Deutschland hinaus für Schlagzeilen gesorgt.
Nach mehr als 36 Stunden Aufregung und Suche sind sich die Behörden sicher: In Berlin und Brandenburg läuft keine Löwin frei herum. Sie begründen das auch mit einer Videoanalyse durch Wildtier-Experten.

Die gesuchte Löwin ist wahrscheinlich ein Wildschwein: Die Polizei hat nach der Suche nach einem Raubtier an der südwestlichen Stadtgrenze Berlins Entwarnung gegeben. "Nach allem menschlichen Ermessen gehen wir davon aus, dass es keine Löwin ist", sagte Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD) am Freitag. "Es besteht keine akute Gefährdungslage." Die Bevölkerung war am Donnerstag gewarnt geworden, wachsam zu sein.

Nach dem Durchforsten eines Waldstückes an der Grenze von Brandenburg nach Berlin könne man ziemlich sicher sagen: "Heute am 21. Juli befindet sich dort kein Wildtier", sagte der Bürgermeister. Es habe keinen Hinweis auf ein gerissenes Tier oder eine Löwin gegeben. "Außer Wildschweinen ist uns nichts begegnet." Alle Hinweise führten ins Leere. Nun werde der Einsatz auf ein "ganz normales Programm" gefahren. Der Einsatzleiter der Polizei für den Raum Kleinmachnow, Peter Foitzik, sagte, auch Meldungen von Bürgern hätten keine Hinweise auf ein Wildtier gegeben.

Nach Suche in Brandenburg: Wildschwein statt Löwin: Was Experten so sicher macht
© José Maria Galàn/CyberTracker

Expertenanalyse: keine Löwin in Kleinmachnow

Eine Organisation hat das Video nach Angaben des Bürgermeisters ausgewertet. Zwei Fachleute hätten gesagt, es handle sich nicht um eine Löwin oder ein Wildtier. "Da gibt es einige Anhaltspunkte, dass man mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen kann, dass das Tier, was auf dem Bild zu sehen ist, gen Wildschwein tendiert." Dazu präsentierte er Bilder, auf denen die Konturen des gesichteten Tieres mit denen einer Löwin in ähnlicher Körperhaltung zu sehen sind. Die Konturen und die Linien der Gliedmaßen sind dabei farbig markiert – und zeigen deutliche Unterschiede.

Auf dem einen Bild ist mit einer blauen Linie jeweils die Rückenpartie inklusive Kopf und Schwanz markiert. Während das Tier in Kleinmachnow einen nach oben gewölbten Rücken hat, einen kurzen Schwanz und eine steil abfallende Kopflinie, hat eine Löwin einen durchhängenden Rücken, einen längeren Schwanz sowie eine eher rundliche Kopfform.

Nach Suche in Brandenburg: Wildschwein statt Löwin: Was Experten so sicher macht
© José Maria Galàn/CyberTracker

Auf dem zweiten Bild ist die Körperhaltung beider Tiere verändert. Beide Tiere scheinen nun wie zum Fressen den Kopf am Boden zu haben. Hier werden die Unterschiede vor allem bei der Form des Rückens sowie bei den Hinterläufen und beim Schwanz noch einmal deutlicher.

Zweifel an der Löwen-Theorie

Bereits zuvor hatten sich die Zweifel an der Löwen-Theorie gehäuft. Mehrere Experten hatten ihre Skepsis geäußert, etwa der Berliner Wildtierexperte Derk Ehlert. Er sagte dem RBB-Inforadio, dass er auf dem Video lediglich zwei Wildschweine von links nach rechts laufen sehe. An der Suche beteiligt waren neben Dutzenden Polizisten auch Veterinärmediziner und der Berliner Stadtjäger. Erneute vermeintliche Sichtungen des gesuchten Raubtiers und Hinweise aus der Bevölkerung erwiesen sich aber als falsch.

Zu Beginn der Suche hieß es noch, die Löwin sei gesehen worden, wie sie ein Wildschwein erlegte. Doch auch die Überreste dieses Tiers konnten nicht gefunden werden. "Ich jage zufällig in der Region selbst und ich weiß, dass die Jäger dort sehr gute Hunde haben. Es ist völlig undenkbar, dass die Hunde nichts gefunden haben, wenn dort tatsächlich ein Wildschwein zerlegt wurde", sagte Achim Gruber, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Tierpathologie in Berlin, der Deutschen Presse-Agentur. "Wenn dort eine Löwin ein Wildschwein zerkaut hätte, dann hätten die Hunde etwas gefunden." Der Experte hielt den Suchaufwand ebenfalls für gerechtfertigt.

Seit Donnerstag hatten zeitgleich bis zu 300 Einsatzkräfte der Brandenburger und Berliner Polizei das unübersichtliche waldreiche Gebiet direkt an der Landesgrenze zwischen Brandenburg und Berlin durchsucht. Unterstützt wurden sie auch von Spürhunden sowie Hubschraubern und Drohnen mit Wärmebildkameras.

Suchaktion in Berlin und Brandenburg

Am Donnerstag und Freitags gab es laut Behörden gleich mehrfach angebliche Sichtungen sowie andere vermeintliche Hinweise, darunter in einem Fall auch mutmaßliches Löwengebrüll im Bereich des Berliner Ortsteils Zehlendorf. Nach Angaben der Kleinmachnower Verwaltung vom Freitag stellte sich später heraus, dass die Brüllgeräusche über einen Lautsprecher verbreitet wurden - womöglich als schlechter Scherz.

An der Suchaktion beteiligt waren Tierärzte und Jäger, die das gesuchte Tier möglichst betäuben sollten. Die Bevölkerung wurde über Warnapps und andere Kanäle zeitweise dazu aufgerufen, in ihren Häusern zu bleiben. Später wurden die Warnungen gelockert. Die Behörden rieten aber weiterhin davon ab, die Wälder zu betreten oder etwa Haustiere freilaufen zu lassen.

Quellen: "Kleinmachnow.de", DPA, AFP.

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