Kosciuszko-Nationalpark Für den Naturschutz: Australien will 16.000 Wildpferde abschießen

Ungeliebte Vierbeiner: In New South Wales sollen 16.000 Wildpferde, sogenannte Brumbys, abgeschossen werden. Die Regierung sieht das Ökosystem durch die Tiere gefährdet
Ungeliebte Vierbeiner: In New South Wales sollen 16.000 Wildpferde, sogenannte Brumbys, abgeschossen werden. Die Regierung sieht das Ökosystem durch die Tiere gefährdet
© Jean-Paul Ferrero / Imago Images
Es klingt absurd: Weil die Natur geschützt werden muss, sollen in einem Nationalpark in Australien 16.000 Wildpferde abgeschossen werden. Doch der Plan hat einen ernsten Hintergrund.

Der Kosciuszko-Nationalpark im Süden von New South Wales ist ein besonderes Fleckchen Erde in Australien. Das Naturschutzgebiet, mit einer Fläche von rund 6700 Quadratkilometern fast drei Mal so groß wie das Saarland, ist aufgrund seiner Geographie Heimat von vielen bedrohten Tieren und Pflanzen wie dem Bergbilchbeutler oder den giftigen Corroboree-Fröschen. 21 Pflanzenarten gibt es ausschließlich in der alpinen Regionen des Nationalparks, der mit dem Mount Kosciuszko auch den größten Berg des Landes beheimatet. 

Der Nationalpark ist aber auch Heimat der Brumbys, einer Wildpferderasse, die der Regierung ein Dorn im Auge ist. Denn die Vierbeiner werden als invasive Art gesehen, die sich nahezu unkontrolliert ausbreitet. 19.000 Wildpferde sollen mittlerweile in dem Nationalpark leben – zu viel für die Regierung von New South Wales und fast die Hälfte der Wildpferde-Population in Australien. Und die Zahl der Tiere wächst weiter, jährlich um 15 bis 18 Prozent – alleine in den vergangenen beiden Jahren soll die Population um 4000 Tiere angewachsen sein.

Am Freitag kündigte Penny Sharpe,  Umweltschutzministerin des Bundesstaats, an, dass bis 2027 rund 16.000 Tiere aus dem Helikopter abgeschossen werden sollen. "Die Realität ist, dass die Zahl der Pferde im letzten Jahrzehnt explodiert ist, es sind einfach zu viele im Park", sagte Sharp, die betonte, dass die Entscheidung, Pferde abzuschießen, keine leichte gewesen sei: "Niemand möchte Wildpferde töten, aber wir müssen handeln." Dabei sollen nur erfahrene und ausgebildete Jäger zum Einsatz kommen. "Wichtig ist die Einhaltung höchster Tierschutzstandards", erklärte Sharpe.

Australien: Versuche, Brumbys zu reduzieren, scheiterten bislang

Bereits in der Vergangenheit versuchte der Staat, mit Fallen, Abschüssen am Boden und Umsiedlungen die Population der Brumbys zu reduzieren – allerdings ohne Erfolg. Daher will die Regierung von New South Wales auf einen Vorgang zurückgreifen, der eigentlich verboten ist. Bereits im Jahr 2000 wurden Hubschrauber im Nationalpark zur Jagd auf die Pferde eingesetzt. Nachdem binnen drei Tagen 600 Tiere abgeschossen wurden, musste die Aktion jedoch wegen heftiger Proteste abgebrochen werden – einige Tiere wurden nach Tagen verletzt und lebend gefunden. Die Methode der Bejagung aus dem Helikopter wurde im Anschluss verboten. Bevor die Tiere abgeschossen werden können, muss das Parlament in New South Wales dieses Verbot wieder aufheben. Eine entsprechende Resolution ist laut Medienberichten bereits in Arbeit.

Die Regierung aber betont immer wieder, wie wichtig eine Kontrolle des Pferdebestands ist. "Verwilderte Pferde und Esel sind ernsthafte Umweltschädlinge, die Erosion verursachen und mit ihren Hufen die Vegetation schädigen", heißt es beispielsweise in einem Informationsblatt des australischen Umweltschutzministeriums (DCCEEW), das bereits 2011 veröffentlicht wurde und die Brumbys als "Pest" bezeichnet. Die Pferde würden Wasserlöcher beschädigen, bedrohten Tierarten die Nahrung wegfressen und Krankheiten verbreiten. "Im Nationalpark gibt es zwölf Tierarten, die wahrscheinlich ausgerottet werden, wenn wir jetzt nicht reagieren", betonte der Senatsabgeordnete David Pocock im Gespräch mit dem australischen Sender ABC. Auch bei Umweltschützern wird der Plan, die Zahl der Brumbys drastisch zu reduzieren, begrüßt. "Das ist ein denkwürdiger Tag. Wir haben über ein Jahrzehnt versucht, die Regierung zum handeln zu bewegen, denn die Pferde sind ein Desaster für die Umwelt und die Situation ist völlig außer Kontrolle geraten", erklärte Jack Gough von der Umweltorganisation Invasive Species Council. "Niemand möchte es mit ansehen, wenn Tiere getötet werden, aber wir müssen uns hier leider entscheiden ob wir die Zahl der Pferde reduzieren oder es akzeptieren, dass unser alpines Ökosystem nachhaltig beschädigt wird und andere Tierarten ausgerottet werden."

Bei den Brumbys handelt es sich um ursprünglich domestizierte Pferde, die zur Zeit der Kolonialisierung Australiens im 18. Jahrhundert aus Europa eingeführt, dann aber von den Siedlern freigelassen wurden, als sie diese nicht mehr brauchten – oder einfach entliefen. Nach Auffassung der Gegner des Abschusses sind die Wildpferde heute Teil der Geschichte Australiens, die unter anderem in dem Gedicht "The Man from Snowy River" von Banjo Peterson eine zentrale Rolle spielen. 

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