"Spontan, lustvoll, trans" Regeln fürs Privatleben: Bundeswehr-Kommandeurin darf sich bei Tinder nicht freizügig geben

Anastasia Biefang, Kommandeurin der Bundeswehr, lächelt
Anastasia Biefang, Kommandeurin der Bundeswehr, am Mittwoch dieser Woche bei der Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht über ihren Fall
© Sebastian Willnow / Picture Alliance
Die Tinder-Anzeige einer Bundeswehr-Kommandeurin hat den Ärger ihrer Vorgesetzten erregt. Dating im Netz ist eigentlich Privatsache – aber Soldatinnen und Soldaten müssen auch außer Dienst integer sein, betont ein Gericht.

Wie freizügig dürfen Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr privat im Internet auftreten? Ein solcher Fall ist jetzt vor Gericht gelandet, und die Entscheidung setzt der Freizügigkeit Grenzen: Demnach muss eine hochrangige Bundeswehr-Kommandeurin ihren privaten Auftritt auf einem Dating-Portal im Netz zurückhaltend gestalten. Sie dürfe ihre Worte nicht so wählen, dass ihr Ansehen als Soldatin beschädigt werde, entschied der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts am Mittwoch (Az.: BVerwG 2 WRB 2.21).

Diese Tinder-Anzeige ging dem Vorgesetzten bei der Bundeswehr zu weit

In dem Fall ging es um die Kommandeurin Anastasia Biefang, die 2019 in einer Tinder-Anzeige mit den Worten geworben hatte: "Spontan, lustvoll, trans*, offene Beziehung auf der Suche nach Sex. All genders welcome." Das ging der Bundeswehr zu weit, ihr Disziplinarvorgesetzter erteilte ihr einen Verweis. Biefang war damals Kommandeurin des Informationstechnikbataillons 381 in Storkow. Sie wehrte sich gegen die Disziplinarmaßnahme.

Biefang ist deutschlandweit recht bekannt, unter anderem durch einen Dokumentarfilm, der ihren Prozess der Transition begleitete. Sie gilt als die erste offen transgeschlechtliche Bataillonskommandeurin der deutschen Streitkräfte.

Schon das Truppendienstgericht in der Vorinstanz hatte den Verweis bestätigt. Es sah einen Verstoß gegen die Pflicht von Soldatinnen und Soldaten, auch außerhalb des Dienstes "ordnungsgemäß" aufzutreten. Die Formulierung in der Tinder-Anzeige habe Zweifel an der moralischen Integrität der Kommandeurin erweckt.

Der Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts bestätigte die Entscheidung grundsätzlich. Zwar werde durch das Verhalten der Soldatin nicht gleich das Ansehen der gesamten Bundeswehr beschädigt. Sie sei jedoch ihrer Pflicht zur Wahrung des eigenen Ansehens nicht nachgekommen. Biefang habe als Kommandeurin mit 1000 Mitarbeitern eine besonders repräsentative Position innegehabt.

"Wir denken, dass ein Kommandeur auch im Internet seine Worte wählen muss", sagte der Vorsitzende Richter Richard Häußler in der Urteilsbegründung. "Da müssen Formulierungen vermieden werden, die Zweifel an der charakterlichen Integrität wecken."

Biefang reagierte enttäuscht auf die Entscheidung. Sie wisse nach wie vor nicht, was an ihrer Darstellung missverständlich gewesen sein soll, sagte die 47-Jährige. "In Zukunft werde ich wohl meine Profile durch meine Vorgesetzen prüfen lassen, ob das rechtmäßig ist." Biefang, die den Rang eines Oberstleutnants hat, ist inzwischen Referatsleiterin im Kommando Cyber- und Informationsraum in Bonn.

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DPA
anb

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