In der Provinzhauptstadt Chengdu flüchteten viele Menschen auf die Straßen. Die Regenfälle lösten Erdrutsche aus. Viele notdürftig mit Planen errichtete Unterkünfte konnten dem Regen nicht trotzen. Rund fünf Millionen Menschen sind obdachlos. Nach dem Erdbeben der Stärke 7,9 am Montag sind bislang 29.000 Tote bestätigt. Der Krisenstab rechnet mit mehr als 50.000 Toten. 200.000 Menschen wurden verletzt.
Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao bedankte sich beim Ausland für die Unterstützung. Mehr als 200 Katastrophenhelfer aus Japan, Russland, Taiwan, Südkorea und Singapur im Einsatz, berichtete die Nachrichtenagentur Xinhua. Am Samstagabend hätten russische Helfer eine 61 Jahre alte Frau noch rund 127 Stunden nach dem Beben lebend aus den Trümmern geborgen. Zahlreiche Staaten haben Hilfslieferungen und Rettungsteams angeboten. Mehr als 100 000 chinesische Soldaten sind im Erdbebengebiet im Einsatz und organisieren die Hilfe. Die Bergungsmannschaften retteten am Samstag, fünf Tage nach dem Erdbeben, noch mindestens 63 Menschen lebend aus den Trümmern.
Nach dem Erdbeben drohen Dammbrüche. Am Oberlauf des Jian-Flusses bei Pengzhou brach ein natürlicher Damm, der sich durch einen Erdrutsch gebildet hatte. Bei der folgenden Flutwelle habe es wegen vorheriger Evakuierungen allerdings keine Opfer gegeben. Mehrere Flüsse im Erdbebengebiet sind durch Erdrutsche gestaut. Auch sind viele Staudämme von Wasserkraftwerken beschädigt. Die Stadt Beichuan musste am Samstag eiligst evakuiert werden, weil ein natürlicher Damm zu brechen drohte. Alle Rettungsmannschaften und tausende Menschen mussten die schwer zerstörte Stadt verlassen und sich in höher gelegenen Gebieten in Sicherheit bringen. Bislang ist der Damm oberhalb der Stadt aber nicht gebrochen, berichteten die Behörden.
Deutscher aus Trümmern gerettet
Ein vermisster Deutscher hat das verheerende Erdbeben in Südwestchina unverletzt überlebt. Anders als zuvor berichtet, musste der Mann jedoch nicht aus Trümmern geborgen werden, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua am Samstag berichtete.
Der 62 Jahre alte Mann habe bis zum Eintreffen der Rettungskräfte unverletzt zusammen mit den Bewohnern des Dorfes Taoguan ausgeharrt. "Mit mir ist alles in Ordnung", sagte er. Nach der Rettung des Deutschen konnte wenig später ein weiterer Überlebender gemeldet werden. Feuerwehrleute befreiten einen jungen Mann in der Stadt Yingxiu in der Provinz Sichuan nach 124 Stunden aus Trümmern und Schutt, meldete Xinhua. Knapp eine Woche nach dem Erdbeben droht den Überlebenden nun neue Gefahr durch einen Dammbruch. Die Stadt Beichuan musste evakuiert werden.
Der deutsche Bergsteiger war mit zwei chinesischen Begleitern unterwegs. Die Reise hatte ein Münchner Tourveranstalter organisiert. Laut Xinhua war er bereits am Donnerstag in Taoguan im schwer betroffenen Landkreis Wenchuan ausfindig gemacht worden, konnte aber erst am Samstag - 114 Stunden nach dem Beben - in Sicherheit gebracht werden. Anwohner hatten ihn mit Nahrung und Wasser versorgt. Sobald ein passendes Fahrzeug gefunden sei, werde er in die Provinzhauptstadt Chengdu gebracht, sagte ein Militärangehöriger.
Urin getrunken, Tabak gegessen
Durch die schlechten hygienischen Bedingungen stieg bei feuchtwarmem Wetter die Seuchengefahr. Die Leichen können nicht schnell genug beerdigt oder eingeäschert werden. Trotz der großen Hilfsaktion mangelt es an ärztlicher Versorgung. Mehr als 100.000 Soldaten sind im Einsatz, um in den Trümmern nach Opfern zu suchen und die Hilfe zu organisieren.
Einige Überlebende, die fast 100 Stunden nach dem Beben noch aus den Trümmern gerettet worden waren, schilderten, wie sie sich am Leben hielten. Der 46-jährige Peng Zhijun berichtete, seinen eigenen Urin getrunken und sich von Papiertaschentüchern und Zigaretten ernährt zu haben. "Ich musste mich selber retten", sagte der Mann laut Xinhua. Er steckte mit einem gebrochenen Arm und leichten Beinverletzungen in den Trümmern eines Gebäudes in Beichuan fest. "Ich habe Zigaretten auseinandergebrochen und den Tabak gegessen. Als die Zigaretten aufgebraucht waren, habe ich die Papiertaschentücher genommen."
DPA/AP/Reuters