Ein weiteres Erdbeben der Stärke 7,5 hat die Südosttürkei erschüttert. Das Epizentrum habe in der Provinz Kahramanmaras gelegen, meldete die Erdbebenwarte Kandilli in Istanbul. Auch in Syrien und im Libanon bebte die Erde. Die Zahl der Toten in der Grenzregion ist nach den ersten Beben am Montagmorgen auf mehr als 1900 gestiegen. Allein auf der türkischen Seite kamen 1121 Menschen ums Leben. Rund 10.000 Menschen in der Türkei und in Syrien wurden nach bisherigen Informationen verletzt. Mehr als 2400 konnten aus den Trümmern gerettet werden. Tausende Gebäude seien eingestürzt. Neben Wohnhäusern wurde offenbar auch ein Krankenhaus in der Stadt Iskenderun zerstört. In Gaziantep stürzte der Zeitung "Hürriyet" zufolge eine historische Burg ein.
In Syrien stieg die Zahl der Toten auf mehr als 800. Das teilten der stellvertretende Gesundheitsminister Ahmed Dhamirijeh sowie die Rettungsorganisation Weißhelme mit. In dem Bürgerkriegsland seien bei der Katastrophe mehr als 2200 Menschen verletzt worden. Die Opferzahlen dürften angesichts noch vieler Verschütteter aber weiter steigen. Fotos zeigten, wie Rettungsteams Menschen auf Tragbahren wegtrugen. Der Leiter des Nationalen Erdbebenzentrums Raed Ahmed sagte laut der Nachrichtenagentur Sana, dies sei das stärkste Beben in Syrien seit 1995.
3600 Tote, Häuser in Schutt und Asche: Diese Bilder zeigen die Zerstörung in der Türkei und Syrien

Ein Erdbeben der Stärke 7,4 hatte am frühen Montagmorgen die Südosttürkei erschüttert. Ein weiteres Beben der Stärke 6,6 sei kurz darauf in der Provinz Gaziantep gemessen worden. Das Geoforschungszentrum Potsdam gab in einer aktualisierten Einschätzung die Stärke mit 7,8 und 6,7 an. Das Beben war nach offiziellen Angaben auch in Israel zu spüren.
Erdogan reagiert auf Twitter
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schrieb auf Twitter, "wir hoffen, dass wir diese Katastrophe gemeinsam in kürzester Zeit und mit möglichst geringem Schaden überstehen." Seine Regierung hat die Nato-Partner um Unterstützung bei den Rettungs- und Bergungsarbeiten. Nach einer am Montag von der Bündniszentrale in Brüssel veröffentlichen Aufstellung braucht sie medizinische Nothilfeteams, notfallmedizinische Ausrüstung sowie Such- und Rettungsteams, die auch unter schweren Bedingungen arbeiten können. Konkret werden zudem drei für extreme Wetterbedingungen geeignete Feldkrankenhäuser und Personal für deren Einrichtung genannt.
Die Türkei ist immer wieder von schweren Erdbeben betroffen. Dort grenzen zwei der größten Kontinentalplatten aneinander: die afrikanische und die eurasische. Der größte Teil der türkischen Bevölkerung lebt faktisch in ständiger Erdbebengefahr. Bei einem der folgenschwersten Beben der vergangenen Jahre kamen im Oktober 2020 in Izmir mehr als 100 Menschen ums Leben. Im Jahr 1999 war die Türkei von einer der schwersten Naturkatastrophen in ihrer Geschichte getroffen worden: Ein Beben der Stärke 7,4 in der Region um die nordwestliche Industriestadt Izmit kostete mehr als 17 000 Menschen das Leben. Für die größte türkische Stadt Istanbul erwarten Experten in naher Zukunft ebenfalls ein starkes Beben.
Deutschland sagt Hilfe zu
Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock haben nach dem schweren Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet Hilfe zugesagt. "Deutschland wird selbstverständlich Hilfe schicken", schrieb Scholz (SPD) auf Twitter und zeigte sich bestürzt angesichts der Nachrichten aus den betroffenen Gebieten. "Die Zahl der Todesopfer steigt immer weiter. Wir trauern mit den Angehörigen und bangen mit den Verschütteten." Baerbock versprach: "Wir werden mit unseren Partnern rasch Hilfe auf den Weg bringen." Man sei am Montag "mit schrecklichen Nachrichten" aus der Türkei und Syrien aufgewacht, schrieb die Grünen-Politikerin ebenfalls auf Twitter.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat umfangreiche Hilfe zugesagt. "Wir stimmen uns eng miteinander ab und werden mit allen Mitteln helfen, die uns zur Verfügung stehen und jetzt am dringendsten benötigt werden", sagte Faeser am Montag in Berlin. Die Lieferung von Notstromaggregaten, Zelten und Decken werde bereits vom Technischen Hilfswerk (THW) vorbereitet. Auch Notunterkünfte und Anlagen zur Wasseraufbereitung könnten bereitgestellt werden.

EU entsendet Rettungsteams, Israel will Syrien helfen
Das Zentrum für Katastrophenhilfe der EU koordiniert nach dem schweren Erdbeben die Entsendung von europäischen Rettungskräften in die Türkei. Nach Angaben eines Sprechers der EU-Kommission wurden bereits mehr als zehn Such- und Rettungsteams mobilisiert, um die Ersthelfer vor Ort zu unterstützen. Sie kommen aus Bulgarien, Kroatien, Frankreich, Griechenland, den Niederlanden, Polen, Rumänien, Ungarn, Malta und Tschechien. Italien, Spanien und die Slowakei stehen zudem bereit, um ebenfalls Rettungsteams zu schicken. Zur Unterstützung wurde auch der Copernicus-Satellitendienst der EU aktiviert, wie der zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell mitteilten. Mit dessen Daten können unter anderem Lagekarten erstellt werden, die ein detailliertes Ausmaß der Schäden zeigen.
Auch Israel will der Türkei und Syrien nach den schweren Erdbeben humanitäre Hilfe leisten. "Entsprechend dem Ersuchen der türkischen Regierung habe ich die Entsendung von Such- und Rettungsteams sowie von medizinischen Teams angeordnet", teilte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit und ergänzte: "Da wir darum gebeten wurden, dies auch für die vielen Verletzten des Erdbebens in Syrien zu tun, habe ich dies ebenfalls angewiesen." Offiziell befinden sich Israel und Syrien im Krieg. Wie die Hilfe für Syrien konkret aussehen soll, war zunächst unklar. Ein Sprecher Netanjahus erklärte, er habe keine weiteren Informationen.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel wird fortlaufend aktualisiert.