Rund drei Millionen Überlebende des Erbebens leiden in ihren Behelfsunterkünften seit Tagen unter heftigen Schneefällen und eisigen Temperaturen. In Teilen des Katastrophengebietes wurden minus 14 Grad gemessen. Die Vereinten Nationen schätzen, dass rund 2, 5 Millionen Menschen aus den Resten ihrer zerstörten Häuser halbwegs feste Unterkünfte errichtet haben. Etwa 200.000 jedoch hätten entweder kein Dach oder nur für den Sommer geeignete Zelte über dem Kopf.
Nach Angaben des Kashmir International Relief Fund (KIRF) starben in Muzaffarabad bereits etwa 100 Kinder, weil es nicht genügend isolierte Zelte gebe. Die Hauptstadt des pakistanischen Teils Kaschmirs war bei dem Beben Anfang Oktober weitgehend zerstört worden. Inzwischen liegt in einigen Teilen der Erdbebengebiete in der Himalaya-Region bereits mehr als 60 Zentimeter Schnee. Hilfsorganisationen warnen vor Lawinen in höher gelegenen Gebieten.
Zahlreiche Familien stiegen am Mittwoch aus den Bergen Kaschmirs herab, um Schutz vor dem Winter zu suchen und ihre kranken Kinder behandeln zu lassen. In den Tälern regnet es heftig. Dorfbewohner berichteten, die Niederschläge hätten ihre Notunterkünfte zerstört: In dem aufgeweichten Boden hielten die Heringe der Zelte nicht mehr. Die Menschen müssten sich in den notdürftig aus Häuserruinen und Wellblechdächern gefertigten Unterkünften zusammendrängen. "Alles ist nass", sagte eine Frau. Ihr Kind auf dem Arm, wärmte sie sich an einem Feuer in einem Camp in der Stadt Muzaffarabad. "Die Lage ist schwierig. In diesem Zelt können wir nicht überleben", sagte sie mit Blick auf ihre durchweichte Notbehausung.
Die Vereinten Nationen teilten mit, die Hilfsflüge ins Katastrophengebiet seien am Mittwoch wieder aufgenommen worden. Sie waren wegen des schlechten Wetters drei Tage unterbrochen gewesen. Den Helfern fehlt jedoch vor allem Geld. Zwar hatte die internationale Geberkonferenz gut fünf Milliarden Euro Hilfe zugesichert, von der Summe seien nach Angaben der Uno jedoch erst 200.000 Euro eingetroffen. Experten der Hilfsorganisationen warnen: Trifft nicht bald umfangreiche Hilfe ein, könnten noch einmal zu viele Menschen sterben, wie durch das Beben selbst.
"Wir brauchen weitere Spenden"
Die Vorsitzende des UN-Kinderhilfswerks UNICEF in Deutschland, Heide Simonis, hat zu weiteren Spenden für die Erdbebenopfer in Pakistan aufgerufen. "Wir wollen vier Millionen Kinder impfen gegen Tetanus und Masern", sagte Simonis am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin. Auch fehlten noch Zelte für viele Menschen, deren Häuser das Beben im Oktober zerstört hatte. Bislang habe UNICEF eine Million Kinderdecken und 800.000 Nahrungsmittelpakete ausgegeben.
Wegen des starken Schneefalls sei die Arbeit der Helfer weiter sehr schwierig, sagte die frühere Ministerpräsidentin von Schleswig- Holstein. "Alle Infrastruktur ist mit dem Erdbeben weg." Um die Region langfristig wieder aufzubauen, sei Geld vorhanden, erklärte Simonis. "Was wir jetzt brauchen, sind Nothilfemittel, die meist aus Spenden kommen."
Mit einer Verbesserung der Lage ist zunächst nicht zu rechnen. Nach Prognosen der Meteorologen wird es bis Samstag weiter regnen und viel Schnee fallen. Durch die Schneefälle nimmt auch die Lawinen-Gefahr zu. Erst vergangene Woche waren 24 Menschen von einer Lawine getötet worden, die ein Nachbeben ausgelöst hatte. "Ich fürchte, das war nur eine Lawine von vielen, die wir in diesem Winter noch sehen werden ... und die Gefahr steigt, je mehr Schnee fällt", sagte eine Mitarbeiterin des Norwegischen Flüchtlingsrates