Einmal im Jahr gibt es in Moulay Abdellah ein besonderes Schauspiel: Dann versammeln sich die Stämme der Doukkala in dem historischen Fischerort in der marokkanischen Provinz El Jadida. Aus mehr als 12 Regionen reisen sie an die Atlantikküste, um dort gemeinsam das Moussem-Festival zu feiern.
Ein Moussem ist ein jährlich stattfindendes regionales Fest mit religiösen und folkloristischen Aktivitäten. In Moulay Abdellah stehen neben kollektiven Koran-Lesungen und Rezitationen der Anrufung des Propheten auch Shows, nächtliche Popmusik und Falknerei auf dem Programm. Auf den zahlreichen Bühnen des Moussems treten Musikorchester und Folkloregruppen auf. Ein Jahrmarkt und weitere Vergnügungen sorgen für Unterhaltung.
Eines der bedeutendsten Feste in Marokko
Außerdem fördert das Festival die Kunst der "Halqa", ein kulturelles Erbe, das im Zuge der Globalisierung langsam verschwindet. Die "Halqa" ist eine Darbietung, die auf offenen Plätzen, in wöchentlichen Souks, auf Volksmärkten und in belebten Straßen gezeigt wird. Die alte marokkanische Kunstform wird in der Regel von einem Hauptdarsteller namens "Lhlaiqi" angeführt, der von Tänzern, Musikinstrumenten und manchmal auch von gezähmten Schlangen oder dressierten Affen umgeben ist.
Höhepunkt der sieben Tage langen Feierlichkeiten in Moulay Abdellah sind die sogenannten Fantasias. Bei diesen temperamentvollen Reiterspielen stellen die Teilnehmer in nachgestellten Schlachten oder Kämpfen ihr erstaunliches Geschick zur Schau. In einer geschlossenen Reihe nehmen sie Tempo auf, brüllen ihr Kriegsgebrüll und feuern bei vollem Gallopp mit ohrenbetäubenden Salven ihrer traditionellen Gewehre ab, bevor sie ihre Pferde kurz vor dem Publikum zum Halten bringen.
Das Moussem von Moulay Abdellah wird seit über hundert Jahren in Gedenken an den Heiligen Moulay Abdellah Amghar gefeiert und gilt heute als eines der wichtigsten traditionellen und religiösen Feste seiner Art in Marokko. Mehr als 500.000 Menschen aus dem In- und Ausland besuchen jedes Jahr dieses kulturelle Ereignis. Die Zeltstadt, die dabei jährlich am Ufer des Atlantischen Ozeans, neun Kilometer von der Stadt El Jadida entfernt, errichtet wird, ist eine feierliche Hommage an eine Vergangenheit, die vom Glauben an den Islam und der Liebe zur Erde der Vorfahren geprägt wurde.