Die Zahl der Opfer des Seebebens in Südostasien ist auf über 8.600 gestiegen. Allein in Sri Lanka kamen nach jüngsten Angaben 4.150 Menschen ums Leben, zuvor hatten die Behörden von rund 3.000 Toten gesprochen. Aus den von tamilischen Rebellen kontrollierten Gebieten wurden anschließend jedoch über 1.000 weitere Opfer gemeldet. In den Urlaubsgebieten in Thailand stieg die Zahl der bestätigten Todesfälle unterdessen auf 289, 3.675 Menschen wurden nach Regierungsangaben verletzt.
Ein gigantisches Beben unter dem Meeresgrund vor Sumatra löste eine Flutwelle aus, die tausende von Bewohnern der Küstenregionen und auch zahlreiche Touristen ins Meer riss. Durch ein weiteres Beben im Golf von Bengalen weitete sich die Katastrophe bis nach Sri Lanka und Südindien aus.
Das Zentrum des ersten Erdstoßes lag 40 Kilometer unter dem Meeresgrund vor der Nordwestküste der Insel Sumatra. Das Beben um 2.00 Uhr (MEZ) hatte nach Messungen amerikanischer Seismologen eine Stärke von 8,9 und war damit das schwerste seit 1964 sowie das fünftschwerste seit 1900.
Tsunamis - Berge aus Wasser
Wenn Erdbeben oder Vulkanausbrüche den Meeresboden erschüttern, kann eine riesige Flutwelle entstehen. Experten nennen sie Tsunami (japanisch: große Welle im Hafen).
Das Tückische: Auf hoher See sind die Flutwellen nicht größer als zwei oder drei Meter und werden von Schiffsbesatzungen kaum wahrgenommen. Der Abstand zwischen den Wellenkämmen kann bis zu 100 Kilometer betragen. Wenn eine Tsunami-Welle ins flache Uferwasser läuft, legt sie zunächst den Meeresboden auf großer Strecke trocken. Wenig später folgt eine riesige Flutwelle, die zu einem mehr als 30 Meter hohen Wasserberg anwachsen kann.
Rings um den Pazifik besteht wegen der großen Aktivität der Erdkruste das höchste Tsunami-Risiko. Ein internationaler Warndienst versucht mit Computern und Satelliten, betroffene Gebiete rechtzeitig vor den Riesenwellen zu warnen. Das gelingt nicht immer, denn Tsunamis sind enorm schnell. Mit bis zu 700 Kilometern pro Stunde breiten sie sich über den Ozean aus.
Katastrophen durch Tsunamis sind nicht selten: 1992 ließen die Wassermassen im östlichen Indonesien sogar für kurze Zeit eine Insel versinken und brachten mehr als 2 000 Menschen den Tod. 1883 spuckte der indonesische Vulkan Krakatau 18 Kubikkilometer Bims und Asche und verursachte dadurch Flutwellen, in denen mehr als 35 000 Menschen umkamen.
Das zweite Beben nahe den Andaman- und Nicobar-Inseln löste im Golf von Bengalen eine Flutwelle aus, die allein in Sri Lanka nach Angaben aus Regierungskreisen über 2.000 Menschen in den Tod riss. In den Bezirken Muttur und Trincomalee waren die Krankenhäuser nicht mehr in der Lage, Verwundete aufzunehmen. Die Regierung sprach von einer nationalen Katastrophe und bat um Hilfe bei der Bewältigung der Folgen.
In Indien verloren nach Angaben der Regierung über 1.100 Menschen an der Südostküste ihr Leben - darunter 700 bis 800 im Unionsstaat Tamil Nadu und etwa 200 in Andhra Pradesh. An den Stränden von Madras, der Hauptstadt von Tamil Nadu, wurden mindestens 100 Leichen geborgen; aus der Küstenstadt Cuddalore wurden 150 Tote gemeldet.
Dem Zentrum des ersten Erdbebens am nächsten lag die indonesische Provinz Aceh, wo nach Angaben der örtlichen Behörden mindestens 408 Menschen ums Leben kamen. Weite Teile der Region wurden überflutet. Auf der vorgelagerten Insel Nias ertranken mindestens 42 Bewohner. Aceh ist seit Jahren Schauplatz eines Bürgerkriegs zwischen der Unabhängigkeitsbewegung und der Regierung in Jakarta.
In Thailand brach die Flutwelle über mehrere Touristenregionen im Süden ein, wo tausende von Ausländern ihren Weihnachtsurlaub verbrachten. Mindestens 168 Menschen kamen nach Angaben der Regierung ums Leben, mehr als 1.900 wurden verletzt. Betroffen war auch die Ferieninsel Phuket. Im nahe gelegenen Phang Nga suchten die Menschen auf Hausdächern Zuflucht vor den Wassermassen. Unter den zahlreichen Verletzten im Krankenhaus Watcharat von Phuket waren nach Angaben eines Kliniksprechers auch viele ausländische Touristen aus den Hotels an den beliebten Stränden Kamala und Patong. Der Flugverkehr mit Phuket wurde eingestellt. Zum Zeitpunkt der Flutwelle befanden sich Augenzeugen zufolge auch mindestens 30 Boote mit Touristen auf dem Meer. „Ich fürchte, dass eine sehr große Zahl von Ausländern auf See vermisst wird“, sagte der Besitzer von zwei Ferienresorts auf der Insel Phi Phi, Chan Marongtaechar.
Aus Malaysia wurden mindestens 28 Tote gemeldet, darunter auch mehrere ausländische Touristen. Hier brach die Flut mit fünf Meter hohen Wellen über die Ferieninsel Penang herein. Auch der internationale Flughafen der westlich von Sri Lanka gelegenen Malediven musste wegen der Flutwelle geschlossen werden. Nach Angaben eines Regierungssprechers stand die Hauptinsel Male zu zwei Drittel unter Wasser.
AP