Kuriose Meldung im Amtsblatt Mannheim: Der Lokalpolitiker Julien Ferrat lädt in einem Beitrag auf eine Reise nach Südfrankreich ein. Reiseziel ist die Stadt Agade am Mittelmeer. Geplant sei ein "unvergesslicher FKK-Swinger-Urlaub mit interessantem Politik-Programm" im "Mekka für Nudisten", heißt es in der Anzeige, die Ferrat offenbar selbst formuliert hat. Leitfrage der Reise: "Was kann die Stadt Mannheim von der Stadt Agde lernen?".
Über dem Beitrag ist ein Foto von Ferrat abgebildet. Es zeigt ihn nackt am FKK-Strand in Cap d’Agde. Ein Schild mit der Aufschrift "Die Mannheimer im Gemeinderat" verdeckt seine Männlichkeit. Die Redaktion des Amtsblattes weist darauf hin, dass die Verantwortung für diesen Beitrag nicht beim Stadtrat liegt.
Die französische Stadt Agade liegt etwa 60 Kilometer südwestlich von Montpellier in Südfrankreich und ist bekannt für ihren FKK-Tourismus. Die Anlage "Village Naturiste" soll eine der am meisten besuchten FKK-Anlagen der Welt sein.
CDU in Mannheim entsetzt
Die CDU kritisiert den Beitrag im Amtsblatt scharf. "Ich finde den Aufruf an der Stelle hirnverbrannt, weil ich glaube, dass er der Politik eher schadet", sagt Christian Hötting, CDU-Kreisvorsitzender in Mannheim und Stadtrat. "Ich kann da nichts Sinnvolles drin erkennen, was die Stadt, was die Menschen in dieser Stadt nach vorne bringt. Es ist einfach nur so ein bisschen zum Fremdschämen."
Der 49-Jährige sieht das Ansehen des Mannheimer Gemeinderats durch die Aktion "zumindest mal angekratzt". Die Menschen würden das Verhalten eines Stadtrates auch auf die anderen übertragen und denken: "Die da oben machen so einen Unsinn." Dagegen vorgehen werde die CDU-Fraktion seiner Ansicht nach aber nicht. "Man wertet das Ganze nur unnötig auf."
Es ist nicht das erste Mal, dass Lokalpolitiker Julien Ferrat mit derartigen Beiträgen und weiteren provokanten Aktionen in und um Mannheim von sich reden macht.
Julien Ferrat provoziert am liebsten nackt
2017 protestierte Ferrat schon einmal mit einem Nacktfoto. Damals ging es um die Haushaltsplanungen der Stadt Mannheim. Ein Schild mit der Aufschrift "Nein zum Haushalt" verdeckte seine Genitalien. Mit der Aktion kritisierte der Politiker, dass die Planungen "an den Bedürfnissen der Bürger völlig" vorbeigehe. Auf die Frage, warum er sich für diese Art nacktem Protest entschieden habe, sagte Ferrat gegenüber dem Portal Mannheim 24, es sei eine Anspielung auf das Märchen "Des Kaisers neue Kleider". "Die Stadt Mannheim stellt sehr vieles sehr toll dar, aber nüchtern betrachtet ist das, was hier passiert, tatsächlich sehr dürftig", erklärte der damals 26-Jährige.
2019 kassierte der Jungpolitiker schließlich eine Geldstrafe von 3000 Euro, weil er den Oberbürgermeister von Mannheim und dessen Politik in einem Rapvideo massiv kritisiert hatte. Auch mit älteren Rapvideos hatte Ferrat schockiert. Eines davon zeigt explizite Szenen einer Abtreibung.
Im September vergangenen Jahres ließ Ferrat schließlich erneut ein Nacktfoto von sich im Amtsblatt drucken. Seine Genitalien verdeckt er mit den Händen. Daneben steht ein Interview mit dem Titel "Stadtrat Ferrat im Bodycheck". Dabei handelte es sich um einen Beitrag in der Rubrik "Stimmen aus dem Gemeinderat". Darin äußerte sich der Politiker auch zum Liebesleben seiner Amtskollegen. "Sex in kommunalen Einrichtungen" sei "ein Fetisch", der er in fast jedem Stadtrat zu finden sei, so Ferrat. Die Redaktion des Mannheimer Amtsblattes wies darauf hin, dass die Interviewfragen nicht von der Redaktion stammten, sondern sich der Politiker diese selbst gestellt habe.
Trotz allem im Mannheimer Stadtrat
Berichten zufolge zog der Lokalpolitiker zunächst als Parteiloser über die offene Liste der Linken 2014 in den Mannheimer Stadtrat ein. Später wurde er Mitglied der konservativen Familienpartei, trat dort 2019 aber wieder aus und gründete seine eigene Partei. Die Wählervereinigung Die Mannheimer setzt sich im Stadtparlament nach eigenen Angaben "gegen Steuergeldverschwendung" und "für mehr Bürgerbeteiligung" ein. Bei den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr erhielt Ferrat 3504 Stimmen.