Bei Helgoland Nach Schiffsunglück auf der Nordsee: Ein Seemann tot, zwei Seeleute gerettet

Der Frachter "Verity" vor Kiel
Der Frachter "Verity" (Archivbild) ist wohl nach einer Kollision in der Nordsee gesunken. Vier Crew-Mitglieder werden noch vermisst
© Dietmar Hasenpusch/Dietmar Hasenpusch Photo-Productions / DPA
Vor der deutschen Nordseeküste sind zwei Frachter zusammengestoßen. Eines der Schiffe ist offenbar gesunken, vier Seeleute werden in der kalten Nordsee noch vermisst.

Am frühen Dienstagmorgen sind in der Nordsee zwei Frachtschiffe kollidiert, teilt das Havariekommando mit. Der Unfall der Frachtschiffe "Verity" und "Polesie" ereignete sich demnach gegen 5 Uhr morgens rund 22 Kilometer südwestlich der Insel Helgoland und 31 Kilometer nordöstlich der Insel Langeoog. Das Havariekommando geht davon aus, dass die "Verity" anschließend gesunken ist. Ein Seemann ist tot geborgen worden. Zwei weitere seien gerettet, vier würden noch vermisst, teilte die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) am Mittag mit. "Im Seegebiet herrschen Windstärken mit sechs Beaufort bei einer See von drei Metern", schreibt das Havariekommando. Sechs Beaufort entsprechen einer Windgeschwindigkeit von etwa 45 km/h. Zudem herrschte zum Zeitpunkt des Unglücks gut drei Stunden vor Sonnenaufgang Dunkelheit. Trotz Kollision ist die "Polesie" laut Havariekommando schwimmfähig und hat 22 Menschen an Bord. Sie seien unverletzt. Auch die Reederei meldet, die Menschen an Bord seien in Sicherheit.

An der Suche nach den Vermissten beteiligten sich zwei Seenotrettungskreuzer der DGzRS, ein Notschlepper, ein sogenannter Lotsentender, ein Boot der Wasserschutzpolizei sowie ein Hubschrauber der Deutschen Marine. Es herrschten "herausfordernde Bedingungen" und ein Seegang bis zu drei Metern, sagte Christian Stipeldey, Sprecher der DGzRS. Die Erfahrungen zeigten, dass Menschen auch nach langer Zeit noch in kaltem Wasser gefunden werden können. "Solange es einen Funken Hoffnung gibt, werden wir die Suchmaßnahmen fortführen", sagte er. Allerdings wisse niemand, wie die vermissten Seeleute ausgerüstet seien.

Suche nach Seeleuten in der Nordsee

Zudem ließ das Havariekommando das Seegebiet von einem Sensorflugzeug überfliegen. Auch ein Kreuzfahrtschiff, das sich derzeit in dem Seegebiet aufhält, unterstützte demnach die Suche. An Bord des Kreuzfahrtschiffes könnten Menschen medizinisch versorgt werden, hieß es vom Havariekommando. Ärzte seien an Bord. Weiteres medizinisches Personal sollte per Helikopter zur Unfallstelle geflogen werden.

Bei dem Kreuzfahrtschiff handelt es sich laut P&O Cruises um die "Iona". Sie sei derzeit in eine Such- und Rettungsaktion nahe der deutschen Küste involviert, teilte das Unternehmen der Deutschen Presse-Agentur mit. "Der Vorfall dauert an und die Zusammenarbeit der 'Iona' steht im Einklang mit dem internationalen Seerecht sowie mit den moralischen und rechtlichen Verpflichtungen des Unternehmens", hieß es weiter. Zu weiteren Details machte das Unternehmen keine Angaben. Die britische Zeitung "Sun" zitierte einen 24-jährigen Mann an Bord der "Iona" mit den Worten, das Schiff habe am Vorabend Hamburg verlassen und sei etwa 200 Meter von der Unfallstelle entfernt gewesen. Die Passagiere seien morgens um 6.00 Uhr von der Mitteilung geweckt worden, dass sich die Crew an einem Sucheinsatz beteilige.

"Verity" und "Polesie": ungleiche Frachter

Wie es zu dem Unglück kommen konnte, ist bislang ebenfalls unklar. Auf Frachtern gibt es – neben den Menschen, die auf der Brücke Wache haben und Ausschau halten – technische Hilfsmittel wie Radar und AIS, die vor einer Kollision warnen können.

Die "Verity" ist 91 Meter lang, 14 Meter breit und war auf dem Weg von Bremen nach Immingham, einem Hafen an der englischen Nordseeküste. Das 2001 in den Niederlanden gebaute Schiff fährt unter der Flagge der Isle of Man und hat auf der britischen Insel auch seinen Heimathafen. Es gehört zu der britisch-niederländischen Reederei Faversham Ships.

Die "Polesie" ist ein 190 Meter langer und 28,5 Meter breiter Massengutfrachter – also deutlich größer als die "Verity". Das Schiff gehört zur polnischen Reederei Polsteam Group, die ihren Sitz in Stettin (Szczecin) hat. Es wurde 2009 in China gebaut und fährt unter der Flagge der Bahamas. Es war seit Montagabend auf dem Weg von Hamburg nach La Coruña in Nordwest-Spanien. Ob die "Polesie" ihre geplante Reise ungehindert fortsetzen kann, war zunächst aber nicht klar.

Havariekommando im Einsatz

Das Havariekommando ist in Deutschland für die maritime Notfallvorsorge und das Unfallmanagement auf Nord- und Ostsee zuständig. Die Behörde ist eine gemeinsame Einrichtung des Bundes und der fünf norddeutschen Bundesländer. Bei Unfällen auf der Nord- und Ostsee plant und organisiert es Hilfe etwa für Verletzte, bei Verunreinigungen durch Schadstoffe und bei Bränden.

Hinweis: Dieser Artikel wurde mehrfach aktualisiert.

tkr / mit Agenturen

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