Jetzt hat Patricia Schlesinger die Reißleine gezogen und ist als Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) zurückgetreten (der stern berichtete). Vorausgegangen waren massive Vorwürfe von Missmanagement und Günstlingswirtschaft gegen die 61-Jährige. Die wichtigsten Anschuldigungen im Überblick:
Vorwürfe gegen zurückgetretene RBB-Intendantin Patricia Schlesinger
- Das Magazin "Business Insider" (BI) berichtete im Juni über mögliche Compliance-Verfehlungen. Demnach hat die Messe Berlin Beraterverträge über 100.000 Euro mit dem Ehemann Schlesingers abgeschlossen, angeblich auf persönliches Drängen von Messe-Aufsichtsratschef Wolf-Dieter Wolf. Brisant: Wolf war seinerzeit gleichzeitig Chef des RBB-Verwaltungsrats, was den Filz-Vorwurf begründet.
Zum guten Ton

- Ebenfalls durch BI kamen Anfang Juli mehrere Abendessen in Schlesingers Zuhause ans Licht – "Kontaktpflege" auf Kosten der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler. Allein ein Dinner im Februar 2022 mit neun Personen soll 1154,87 Euro gekostet haben, rechnete jüngst die "Bild"-Zeitung vor.
- Beim Bau eines Digitalen Medienhauses für den RBB sollen Beratungsverträge an Immobilien-Experten gegangen sein, mit denen RBB-Verwaltungsratschef Wolf eine Geschäftsbeziehung pflegte. Der nächste Filz-Vorwurf stand im Raum.
- Eine Dienstwagen-Affäre kam Ende Juli hinzu. Laut BI soll sich Schlesinger einen Audi A8 mit umfangreicher Zusatzausstattung (zum Beispiel Massagesessel) im Wert von 145.000 Euro auf RBB-Kosten angemietet und diesen samt Chauffeuren auch privat genutzt haben – wohl legal. Der Autohersteller soll Schlesinger bei der Miete einen satten Rabatt gewährt haben.
- Jüngstes Kapitel der Vorwürfe: Laut "Bild"-Zeitung hat sich Schlesinger die Chefetage des RBB üppig ausstatten lassen, mit Massagesessel, begrünter Wand, Parkett und Designermöbeln – trotz Compliance-Bedenken. Kosten für den Umbau der Chefetage dem Blatt zufolge: 658.112,25 Euro – oder der jährliche Rundfunkbeitrag von 2987 Bürgerinnen und Bürger.
Bewiesen sind diese und etliche andere Vorwürfe (zum Beispiel eine kräftige Gehaltserhöhung Schlesingers) noch nicht, möglicherweise waren die Handlungen alle auch zulässig. Der RBB kündigte eine Untersuchung an. Aber offenbar wiegen die Anschuldigungen schwer genug, dass sich die Intendantin zum Rücktritt gezwungen sah. Sie wies die Vorwürfe von Filz und Verschwendung zurück und sprach in einer Stellungnahme von "persönlichen Anwürfen und Diffamierungen". Für ein Interview stand Schlesinger nicht zur Verfügung.
Quellen: "Business Insider", "Bild"-Zeitung, Rundfunk Berlin-Brandenburg, Nachrichtenagentur DPA