"Es ist, als wenn die Zeit stehen geblieben ist", sagt Margret Jansen, die im emsländischen Lathen ein Gasthaus mit Zimmervermietung betreibt. Drei Tage nach dem verheerenden Transrapid-Unfall mit 23 Toten und 10 Verletzten hängt das Entsetzen über die Tragödie noch wie eine dunkle Wolke über der Stadt im Emsland. "Ich habe noch nie so viel Stille erlebt wie heute", sagt die Verkäuferin in einer Backstube am Montag. "Selbst meine Dauerkunden haben nicht viel gesagt." Der Schmerz sitze tief, die ganze Stadt sei bestürzt.
Nichts ist, wie es war
Lathen, die kleine Gemeinde mit 8500 Einwohnern im Nordwesten Niedersachsens, steht drei Tage nach dem folgenschweren Unfall noch immer unter Schock. Viele Einwohner unternahmen jahrelang regelmäßig eine Spritztour mit dem Transrapid, sie identifizieren sich mit dem Projekt. Und dass es auch nach der Tragödie weitergehen muss, ist für die meisten keine Frage. Doch nun steht die Trauer um die Opfer im Vordergrund.
"Solange die Toten nicht beigesetzt sind, sind andere Dinge wichtiger als die Frage, wann der nächste Transrapid wieder fährt", meint Bürgermeister Karl-Heinz Weber. "Ich verarbeite im Moment meine Trauer, genau wie andere Lathener auch." Um den Trauernden eine Anlaufstelle zu bieten, will Landrat Hermann Bröring (CDU) ein Holzkreuz am Unglücksort aufstellen lassen. Es solle spätestens zur Trauerfeier am Mittwoch stehen, zu der sich Bundespräsident Horst Köhler, Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) angekündigt haben. "Später wird dann eine Gedenktafel an die Opfer erinnern", sagt Bröring.
Hilfe für die Hinterbliebenen
Nun sei aber erstmal die Betreuung der Angehörigen und Helfer wichtig, meint der Landrat. "Manchmal reicht es auch schon, einfach nur zuzuhören." Bröring selbst kümmert sich um die Hilfen für die Angehörigen, will ihnen organisatorisch und finanziell zur Seite stehen. Auf ein extra eingerichtetes Spendenkonto seien schon knapp 100.000 Euro geflossen, sagt Brörings Sprecher. 30.000 Euro davon kommen vom Landkreis, 50.000 Euro stellt der Energiekonzern RWE zur Verfügung. Das Unternehmen engagierte zudem einen Psychologie- Professor zur Betreuung der Hinterbliebenen. Zehn der 23 Toten waren für RWE tätig.
"Es war ein schönes Gefühl, mit dem Transrapid zu fahren und überraschend ruhig", erinnert sich Norbert Baltus aus Lathen an die Zeit zurück, als er das erste Mal in dem Hochgeschwindigkeitszug saß. Dass drei Tage nach dem verheerenden Unglück immer noch Schaulustige zur Unfallstelle pilgern, dafür hat er kein Verständnis. "Auf die Neugierigen können wir hier verzichten."
Die 79-jährige Maria Herbers, die durch die wie betäubt wirkende Kleinstadt bummelt, hofft, dass das Land an dem Projekt festhält. "Ich bin selber schon mit Tempo 450 gefahren und hatte dabei keine Angst." Der Transrapid sei eines der sichersten Fahrzeuge der Welt. "Das ist eine gute Technologie, ohne Verschleiß, nicht wie bei der Bahn oder bei Autos", meint sie.
Transrapid weiterhin beliebt
Am Unfallort ist die Spurensicherung abgeschlossen. Trümmerteile wurden beseitigt, der etwa 70 Meter lange Transrapid ist zum Teil mit einer Plane abgedeckt. Mehr als 30 Kerzen, zahlreiche Blumen und ein Kranz säumen die Betonstützen der Trasse. Schaulustige werden von der Polizei fern gehalten.
Wann das Zugwrack von der Strecke gehoben werden soll, weiß hier noch niemand. Doch die Lathener, für die der Transrapid und die weithin sichtbare Trassenschleife seit mehr als 20 Jahren zur Gemeinde gehören, hoffen auf einen Neustart mit dem neuen Modell TR09 im kommenden Frühjahr. "Ich würde wieder einsteigen", sagt Norbert Baltus bestimmt.