Türkei und Syrien Zahl der Erdbeben-Toten auf mehr als 30.000 gestiegen – jetzt wächst die Seuchengefahr

Türkei, Syrien: Über. 28.000 Erdbeben-Tote – Seuchengefahr steigt
Eine Frau weint um einen Verwandten bei der Beerdigung eines der Erdbebenopfer, die vor fünf Tagen in der Grenzregion der Türkei und Syrien zu beklagen waren
© Bernat Armangue / DPA
Knapp eine Woche nach den verheerenden Erdbeben werden weiterhin Überlebende aus den Trümmern geborgen. Die Zahl der Todesopfer steigt derweil weiter stark an. Unterdessen macht sich nun auch noch die Sorge vor Seuchen breit.

Sechs Tage nach dem verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist ein sieben Monate altes Baby in der Südosttürkei aus den Trümmern gerettet worden. Die Helfer konnten den Jungen in der Provinz Hatay nach 140 Stunden lebend aus den Trümmern bergen, wie der Staatssender TRT berichtete. Sie hätten das Kind weinen gehört und seien so auf es aufmerksam geworden. Ein 35-Jähriger wurde nach Angaben des Senders in derselben Provinz am Sonntagmorgen nach 149 Stunden unter Trümmern gerettet.

Die Zahl der Toten liegt offiziell mittlerweile bei mehr als 30.000 Menschen. Allein in der Türkei lag die Zahl der Todesopfer bei 24.617. Aus Syrien wurden zuletzt 3574 Tote gemeldet.

Anderthalb Millionen Menschen in der Türkei in Notunterkünften

Zudem verloren viele Menschen ihr Zuhause: Nach Angaben des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan suchten inzwischen mehr als 1,5 Millionen in Zelten, Hotels oder öffentlichen Notunterkünften Schutz. Zudem wurden die Schulferien verlängert, und Universitäten stellen vorerst auf Fernunterricht um – so sollen auch Studentenwohnheime als Unterkunft für Überlebende zur Verfügung gestellt werden.

Der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu hatte die Schulschließungen am Samstag kritisiert. Junge Leute hätten in der Corona-Pandemie genug gelitten, schrieb er auf Twitter.

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In den betroffenen Regionen wachse ebenfalls die Gefahr von Krankheiten. "In den Regionen, wo Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, drohen irgendwann Seuchen", sagte Thomas Geiner, erdbebenerfahrener Mediziner und Teil des Teams der Katastrophenhelfer vom Verein Navis. "Die Kunst der nächsten Tage wird es sein, Hilfe dorthin zu bringen, wo sie benötigt wird." Bei der Größe der Region sei es aber so gut wie unmöglich, überall die nötige Infrastruktur bereitzustellen. Die betroffenen Gebiete sind flächenmäßig größer als Deutschland.

Durch die vielen ungeborgenen Leichen könne Wasser verunreinigt werden. Vielerorts haben Leute zudem keinen Zugang zu irgendeiner Art von Toiletten. Auch dadurch könnten Keime in das Grundwasser gelangen. Geiner sagte, die Situation vor Ort erinnere ihn an die in Haiti nach dem Erdbeben 2010. In der Region sehe man alles an Verletzungen, was man sich vorstellen könne. Es brauche alles an möglicher Hilfe. Die Gesundheitsinfrastruktur ist stark beschädigt.

Nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien wird die Zahl der Todesopfer nach Schätzungen der UNO möglicherweise noch auf mehr als 50.000 ansteigen. UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths sagte am Samstag bei einem Besuch im Erdbebengebiet in der Türkei im Sender Sky News, eine genaue Schätzung sei nach wie vor schwierig, die Opferzahl werde sich aber sicherlich noch "verdoppeln oder mehr".

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Die Zahl der bestätigten Todesopfer war kurz nach Griffiths Eintreffen auf mehr als 28.000 gestiegen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht mittlerweile davon aus, dass 26 Millionen Menschen in der Türkei und Syrien von der Katastrophe betroffen sein könnten, darunter etwa fünf Millionen Menschen, die ohnehin als besonders schutzbedürftig gelten.

Mindestens 870.000 Menschen in beiden Ländern müssen nach Angaben der UNO mit warmen Mahlzeiten versorgt werden, bis zu 5,3 Millionen Menschen könnten allein in Syrien obdachlos geworden sein. Nach Angaben der türkischen Katastrophenbehörde sind mehr als 32.000 Menschen aus der Türkei an Such- und Rettungseinsätzen beteiligt. Hinzu kommen mehr als 8200 internationale Helfer. "Bald werden die Such- und Rettungskräfte den humanitären Organisationen weichen, deren Aufgabe es ist, sich in den kommenden Monaten um die außerordentlich hohe Zahl an Betroffenen zu kümmern", sagte Griffiths in einem Video auf Twitter.

DPA
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