Der Astronaut verspätet sich: die Bahn! Er brauche eine halbe Stunde länger, meldet er übers Telefon. Matthias Maurer reist aus Köln an, das sind rund 400 Kilometer, so viel wie von der Erde zur Internationalen Raumstation. Auf der ISS flog er mit 28.000 Stundenkilometern um die Erde, jeden Tag umrundete er sie 16-mal, alle 90 Minuten erlebte er einen Sonnenauf- oder Sonnenuntergang. Und jetzt eben die Bahn.
Schließlich steht Maurer in der Lobby eines Hamburger Hotels; für das Gespräch nimmt er sich drei Stunden. Wenn er mit dem französischen Astronauten Thomas Pesquet einen Vortrag im Ausland hält, feiert man sie wie Popstars. Hier erkennt ihn niemand. Zum Glück, sagt er.
Herr Maurer, Sie waren 177 Tage im All. Wie haben Sie den Blick auf die Erde wahrgenommen?
Der Himmel oben ist tiefschwarz. Aus dem Dunkel leuchtet die Erde, eine blaue Oase mit weißen Wolken. Wenn man aus der Nacht in den Sonnenaufgang fliegt, wirkt die Atmosphäre wie eine Seifenblase – begrenzt, wunderschön und sehr verletzlich. Man erkennt sofort, was dort unten alles schiefläuft, etwa die klaffenden Wunden, die der Raubbau von Ressourcen an der Oberfläche hinterlässt. Oder dass wir Urwälder für Ackerland niederbrennen und so das Lebenserhaltungssystem der Erde zerstören. Wir gehen mit ihr um, als hätten wir 20 Reserveplaneten.