Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen boomt weiter. Weltweit ist die Anbaufläche im vergangenen Jahr um 15 Prozent auf 67,7 Millionen Hektar stark gewachsen, wie die internationale Biotechnik-Agentur ISAAA am Dienstag in Darmstadt bekannt gab. Damit gebe es im siebten Jahr in Folge zweistellige Zuwachsraten. Insgesamt bauen mittlerweile rund sieben Millionen Landwirte in 18 Ländern Genpflanzen an.
Kleine Versuchsflächen in Deutschland
Auffällig nannte ISAAA-Gründer Clive James die Wachstumsraten in den Entwicklungsländern. Sie verfügten über fast ein Drittel der Anbaufläche gentechnisch veränderter Pflanzen. Im Jahr 2002 sei es noch ein Viertel gewesen. Dort liege der Anbau meist in der Hand von Kleinbauern. In Europa verfüge nur Spanien über eine nennenswerte Anbaufläche von 32 000 Hektar für genveränderten Mais, hieß es. In Deutschland gebe es kleine Versuchsflächen. Die führenden Anbauländer seien USA, Argentinien, Kanada und China.
Führende Gen-Pflanzen sind nach Information der ISAAA die Sojabohne mit einer Anbaufläche von 41 Millionen Hektar und Mais mit 15,5 Millionen Hektar. Mehr als jede zweite weltweit angebaute Sojabohne (55 Prozent) sei bereits gentechnisch verändert und damit resistent gegen Pilze. Brasilien habe diese Pflanze erst im vergangenen Jahr zugelassen und bewirtschafte damit bereits jetzt mehr als drei Millionen Hektar. Beim Mais sei inzwischen jede zehnte Pflanze gentechnisch verändert. Hinzu kommen Baumwolle (7,2 Millionen Hektar) und Raps (3,6 Millionen Hektar).
Bauern werden immer mehr zu transgenen Pflanzen greifen
James wertete die Entwicklung als Durchbruch für die Gentechnik in der Landwirtschaft. "Die Bauern werden immer häufiger transgene Pflanzen anbauen, da sie beachtliche agronomische, ökonomische, ökologische und soziale Vorteile haben." Diesen Argumenten werde sich auch die Europäische Union nicht auf Dauer verschließen können. Nach Einschätzung der ISAAA werden in fünf Jahren gentechnisch veränderte Pflanzen auf rund 100 Millionen Hektar in mehr als 25 Ländern wachsen. Das Markvolumen von derzeit rund 4,5 Milliarden US-Dollar werde bis zum Jahr 2005 auf fünf Milliarden US-Dollar steigen.
Risiken gentechnisch veränderter Nahrungsmittel umstritten
Die Risiken der gentechnisch veränderten Nahrungsmittel sind umstritten. Bislang werden in Deutschland zwar noch keine gentechnisch veränderten Pflanzen zur kommerziellen Nahrungsmittelproduktion angebaut. Laut Marianna Schauzu vom Bundesinstitut für Risikoforschung ist in Deutschland jedoch der Verkauf von Produkten aus vier verschiedenen gentechnisch veränderten Pflanzenarten erlaubt. Darunter seien fünf Sorten Mais, sechs Sorten Raps, eine Sorte Soja und zwei Sorten Baumwolle. Aus Raps und Baumwolle werden Speiseöle produziert.
Die Expertin verweist auf die strengen Prüfungen, die Produkte aus gentechnisch veränderten Pflanzen durchlaufen müssen. Sie seien umfangreicher als diejenigen für herkömmliche Lebensmittel. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die zugelassenen Nahrungspflanzen eine Gefahr für den Verbraucher darstellen, sagte Schauzu. "Sie werden nur zugelassen, wenn die Prüfung ergeben hat, dass sie genauso unbedenklich wie konventionelle Produkte sind."
Neue Eiweißstoffe haben unbekannte Wirkung
Dagegen wendet Henning Strodthoff von Greenpeace ein: "Die Frage ist, was wir wirklich schon feststellen können. Die Pflanzen haben Eiweißstoffe, die bislang nicht zu unserer Nahrung gehören." Die Wissenschaft sei nicht in der Lage festzustellen, ob etwa ein neues Gen-Produkt Allergien auslöst oder nicht. "Die Veränderung von Leben ist letztlich ein Blindflug mit unerwartetem Effekt."