Nach einem sechsstündigen Kreuzverhör im Kongress haben sich US-Politiker zutiefst unzufrieden mit der Auskunftsbereitschaft von BP-Chef Tony Hayward gezeigt. Der Brite habe in der mit Spannung erwarteten Anhörung am Donnerstag in Washington die ganze Zeit "gemauert", sagte der Vorsitzende des Energieausschusses Henry Waxman. Hayward habe nicht eine Frage richtig beantworten wollen und klare Detailangaben zu den Auslösern der Katastrophe vermieden, sagte der demokratische Abgeordnete.
"Bei allem Respekt, ich glaube, Sie wollen sich aus der Affäre ziehen, Mr. Hayward", konstatierte der Republikaner Phil Gringrey während der Sitzung. Der BP-Vorstandsvorsitzende betonte mehrfach, es sei zu früh, um aus dem Sinken der Bohrinsel "Deepwater Horizon" vor acht Wochen Schlussfolgerungen zu ziehen, da die Untersuchungen des Vorfalls noch liefen. Er könne keine Auskünfte darüber machen, was auf der Plattform vor dem Unfall passierte, weil er damals an den Entscheidungen nicht beteiligt gewesen sei. Es gebe jedoch keine Beweise, dass BP leichtsinnig gehandelt habe, sagte der Top-Manager.
Mitglieder im Ausschuss des Repräsentantenhauses warfen Hayward in scharfen Worten vor, Berichte über Sicherheitsprobleme auf der Bohrinsel ignoriert zu haben. Außerdem habe BP falsche Angaben über das Ausmaß des Ölaustritts ins Wasser gemacht. Für einen öffentlichen Aufschrei sorgte der Abgeordnete Joe Barton, als er sich bei Hayward für die "Politisierung der Krise" entschuldigte. Er sei "beschämt" darüber gewesen, wie US-Präsident Barack Obama die BP- Führungsriege am Vortag zu einem Treffen zitiert hätte, sagte der Republikaner. Nach massiver Kritik aus dem Weißen Haus nahm Barton seine Aussage zurück.
Mehr als sieben Milliarden Liter in der Ölquelle
Es war Haywards erster Auftritt vor dem Kongress seit Beginn der Ölpest im Golf von Mexiko. Er nutzte ihn, um sich zu entschuldigen. "Ich war persönlich absolut erschüttert", sagte er. Die Sicherheit bei Tiefseebohrungen müsste deutlich verbessert werden. "Ich kann nicht abstreiten, dass es noch viel zu tun gibt."
Zeitgleich zu der Anhörung konnte BP Fortschritte beim Kampf gegen die Ölpest vermelden. Die beiden Entlastungsbohrungen, mit denen das Austreten des Öls vermutlich im August gestoppt werden kann, kämen schneller voran als gedacht. Die erste Bohrung könne bereits in drei bis vier Wochen abgeschlossen sein, sagte der Küstenwachen-Admiral Thad Allen. Dann könne der Konzern beginnen, Schlamm in die Quelle zu leiten, um sie zu verschließen. Allerdings sei die Operation sehr schwierig.
Scheitert auch dieser Versuch, droht eine unvorstellbare Ökokatastrophe: In der Ölquelle unter dem beschädigten Bohrloch befänden sich nach BP-Schätzungen noch mehr als sieben Milliarden Liter Öl, sagte Hayward vor dem Ausschuss. Damit würde die Quelle noch immer 94 bis 97 Prozent ihres Öls enthalten. Angesichts der Geschwindigkeit, mit der das Öl derzeit austritt, würde es zwei bis vier Jahre dauern, bis die Gesamtmenge ins Meer geflossen ist.